Produktives Schreiben: eine neue Perspektive einnehmen

Gehen wir von einem Beispiel aus meiner Praxis aus, der Lektüre des Jugendbuchs „Meine Spur löscht der Fluß“ (1978) von Othmar Franz Lang. Das haben wir in einer 8. Klasse des Gymnasiums gelesen: Ein junger Indianer ist der letzte Überlebende seines Stammes, er wird halbverhungert gefunden und aufgepäppelt. Im Roman wird erzählt, wie er die fremde Welt der Weißen erlebt: ihr Essen, ihre Hygiene, ihre Eisenbahn usw. – das alles erlebt und beschreibt er in den Kategorien seines indianischen Lebens. Damit macht er es dem Leser möglich, seine eigene westliche Kultur als fremd oder als nicht selbstverständlich und gottgegeben zu sehen, weil der Indianerjunge ein sympathischer Kerl ist, mit dem man mitfühlt. Die Aufgabenstellung einer Klassenarbeit vom 16.10.1987 lautete so:

Die Schüler sollen in Anlehnung an O. F. Lang, Meine Spur löscht der Fluß, Eigentümlichkeiten der Industriekultur aus der Perspektive des Indianers Ishi darstellen können.

Du hast die Wahl zwischen folgenden Themen:

– Wie ich zum ersten Mal in einer Schule beim Unterricht war.

– Wie ich beim Friseur war.

– Wie am Museum eine neue Straße gebaut wurde.

Die Themen stammen also aus Feldern, die die Schüler aus eigener Erfahrung kennen; die Aufgabenstellung war natürlich an mehreren Beispielen (Ishi im Schwimmbad usw.) eingeübt worden. – Leider gibt es das bewegende Buch nur noch antiquarisch zu kaufen. Die Fragestellung „Wie sieht unsere Lebensweise in fremder Perspektive oder mit fremder Brille betrachtet aus?“ ist heute aber aktueller denn je; viele Migranten erleben in Deutschland täglich eine Welt, die ihnen in mancherlei Hinsicht fremd und oft unverständlich ist und in die man sich hineinversetzen muss, um ihnen und ihren Problemen gerecht zu werden. Wie man das praktisch im Unterricht umsetzt, überlasse ich gern den jungen Kollegen

Ich nenne noch ein paar Beispiele aus der großen Literatur, wo in der Regel Fremde nach Europa kommen oder ein Europäer in die Fremde reist (Besprechung der Titel in meinem Blog norberto42:

Voltaire: Amabeds Briefe

Voltaire: Das Naturkind

U. Eco: Industrie und sexuelle Repression in einer norditalienischen Gesellschaft (in: Platon im Striptease-Lokal)

Stefan Themerson: Prof. Mmaa’s Vorlesung (dort auch Verweis auf Weckhrlin, Andersen u.a.), wo sogar die Termitensicht auf den Menschen präsentiert wird.

Ich habe den Perspektivenwechsel aber auch benutzt, um schnöde den Gebrauch des Konjunktivs II einzuüben (Kl. 7: Variationen zu „Wär ich ein Baum“ von Erich Kästner, s.)

https://norberto68.wordpress.com/2011/02/21/phantasie-war-ich-ein-baum-kastner/

https://norberto68.wordpress.com/2019/10/14/produktiv-schreiben-in-der-sek-i-erprobte-beispiele/

Zur Theorie des Fremdverstehens siehe diese Artikel aus dem Hogrefe:

Fremdverstehen

[engl. understanding of others], [FSE, SOZ], das Konzept des Fremdverstehens hat maßgeblich Alfred Schütz (1974) in seiner theoretischen Betrachtung von Verstehensprozessen innerhalb alltäglicher Kommunikationssituationen herausgearbeitet (Kommunikation): Innerhalb dieser nimmt ein Kommunikant (ego) stets eine Deutung dessen vor, was ihm von einem anderen Kommunikanten (alter) mitgeteilt wird. Jeder der beiden Kommunikanten kommuniziert dabei auf der Basis des eigenen Wissenshintergrundes (Relevanzsystems), das semantisch-indexikal angelegt ist (Indexikalität): Die zu verstehende Mitteilung, die der eine Gesprächsbeteiligte kommuniziert, kann der andere Gesprächsbeteiligte nur verstehen, indem sie an das eigene Relevanzsystem adaptiert wird. Verstehen ist kognitionspsychol. betrachtet also die Übersetzung des zu Verstehenden in das eigene, semantisch-indexikale Relevanzsystem. Verstehen stellt damit immer das Verstehen von Fremdem dar, denn alles, was außerhalb unseres eigenen Relevanzsystems existiert, ist uns grundsätzlich fremd. Genau diese Tatsache wird jedoch in alltäglichen Kommunikationsprozessen bewusst ausgeblendet: Wie Alfred Schütz (1974) betont hat, wird nur mit der Reziprozität der Perspektiven, welche zwei idealisierende Unterstellungen umfasst, nämlich die Idealisierung der Vertauschbarkeit der Standpunkte und die Idealisierung der Kongruenz der Relevanzsysteme, Kommunikation praktisch möglich. Alfred Schütz hat in diesem Zusammenhang pointiert, dass Fremdverstehen somit stets eine Selbstauslegung bleibt, da wir eben nur mit unserem Relevanzsystem verstehen können. Verstehen ist damit immer nur als eine relative Annäherung an das Fremdzuverstehende aufgrund von Idealisierungen sowie Annahmen in Hinblick auf eine sozial geteilte Welt und von praktischen Aushandlungen sowie akzeptierten kommunikativen Basisregeln möglich. https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/fremdverstehen

Perspektivität, Perspektivismus

[engl. perspective, point of view; lat. perspicere hindurchschauen, deutlich sehen],[HIS, PHI],bez. die Abhängigkeit der Wahrnehmungen und der Urteile von der Position des wahrnehmenden bzw. urteilenden Individuums. Als Begriffe der Erkenntnistheorie gehen Perspektive, Standpunkt und Horizont auf Leibniz zurück. Er erläutert den Gedanken der Perspektive an einem Bsp., «wie eine und dieselbe Stadt, von versch. Seiten betrachtet, jew. ganz anders erscheint». Gustav Theodor Fechners Bsp. ist ein Kreis: «Wenn Jemand innerhalb eines Kreises steht, so liegt dessen konvexe Seite für ihn ganz verborgen; wenn er außerhalb steht, umgekehrt die konkave Seite unter der konvexen Decke. Beide Seiten gehören ebenso untrennbar zus., als die geistige und leibliche Seite des Menschen und diese lassen sich vergleichsweise auch als innere und äußere Seite fassen … Aber der Kreis ist nur ein Bild und es gilt die Frage nach der Sache.»

Im Unterschied zu Spinozas Zwei-Attribute-Lehre (Doppel-Aspekt-Lehre), nach welcher Geist und Materie zwei Seiten ein- und derselben Sache sind (una eademque res) postulierte Leibniz außerdem, dass psych. Vorgänge aus den Motiven und Zwecksetzungen, die körperlichen Vorgänge nach dem Kausalprinzip zu erklären sind. Diese Idee wurde als psychophysischer Parallelismus von Wundt genauer ausgeführt, wobei er keine metaphysische Lehre i. S. zweier Substanzen, Seele und Materie, meint, sondern zwei sich wechselseitig ergänzende Betrachtungsweisen einer lebendigen Einheit nach grundversch. Kategorien (Kategorienlehre) und Methoden.

Perspektive bedeutet, ein Objekt, eine Person, eine Idee von einem best. Standpunkt aus zu betrachten, und der Begriff impliziert, dass auch eine andere oder mehrere Perspektiven möglich sind. Der Begriff wird in der Ps. nicht nur hinsichtlich der visuellen Wahrnehmung (Perspektive) verwendet, sondern in der Persönlichkeits- und Sozialpsychologie, in der Kulturpsychologie, in Piagets genetischer Erkenntnistheorie (Entwicklung, Stufentheorie nach Piaget). Am häufigsten zu finden ist die Perspektive von Innen und Außen, von Erleben und Verhalten (das traditionelle Subjekt-Objekt-Problem, Perspektive der Ersten Person und der Dritten Person in der Theory of Mind). Ausdrücke wie Perspektive und Horizont sind charakteristisch für die von Husserl und Merleau-Ponty entworfene Phänomenologie (s. auch Graumann, 1960).

Perspektivität/Perspektivismus ist die erkenntnistheoret. Grundhaltung und die phil. Überzeugung, dass eine fundamentale Abhängigkeit der Erkenntnis von dem Standpunkt (Bezugssystem) und den Eigenschaften des betrachtenden Individuums besteht. Der perspektivistische Objektivismus setzt eine obj. Wirklichkeit voraus, die aufgrund der unterschiedlichen Standpunkte und Eigenschaften der Betrachter unterschiedlich aufgefasst wird, während der perspektivistische Subjektivismus eine Vielfalt der Wirklichkeiten behauptet (s. Nietzsche und Vaihinger). Der sprachphil. Perspektivismus Wittgensteins verweist auf sie sprachlichen Gepflogenheiten («Sprachspiele»), die das Bezugssystem mitbestimmen. Der Perspektivismus ist dem Pluralismus, Relativismus und auch dem Konstruktivismus verwandt, kann jedoch eine strengere Fassung erhalten, indem die Kategorien (Kategorienlehre) der Bezugssysteme und die indiv. Standpunkte def., die wechselseitige Ergänzung der Perspektive zu einem Gesamtbild verlangt und der zur Erfassung der vollen Wirklichkeit notwendige Perspektivwechsel (Perspektivenübernahme) betont werden. Die Unterscheidung von koexistierenden Bezugssystemen dient der wiss.theoret. Ordnung der komplizierten Bezüge. Die Einheit in der Vielfalt (unitas in multitudine, Leibniz) und unitas multiplex (William Stern) zu erfassen, legt multireferenzielles Denken, die Koordination von kategorial versch. Bezugssystemen und das entspr. multimeth. (Multi-Methodalität) Vorgehen nahe. https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/perspektivitaet-perspektivismus

Perspektivenübernahme

[engl. perspective adoption/taking], [EW], Fähigkeit, den Standpunkt einer anderen Person, der sich vom eigenen unterscheiden kann, bewusst einzunehmen, ohne den eigenen zu verlieren. Kognitive Voraussetzung für die Perspektivenübernahme ist die Fähigkeit zur Dezentrierung. Die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme bei Wahrnehmungsinhalten, wie sie im Drei-Berge-Versuch von Piaget gemessen wird, entwickelt sich i. d. R. im sechsten Lebensjahr; weniger komplexe Formen der Perspektivenübernahme – auch bzgl. Meinungen, Emotionen und Bedürfnissen – können aber schon bei 3- bis 4-jährigen Kindern beobachtet werden. Mit dem Auftreten der Perspektivenübernahme verschwindet der Egozentrismus des Kindes. https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/perspektivenuebernahme

Vgl. auch

https://de.wikipedia.org/wiki/Perspektivismus (Perspektivismus)

https://www.buecher-wiki.de/index.php/BuecherWiki/Erzaehlperspektive (Erzählperspektive)

Verhältnis Autor – Werk

In seiner Autobiografie „Mein Leben“ (1999) erzählt Reich-Ranicki von einer Begegnung mit Anna Seghers in Warschau; sie habe erklärt, sie habe sich in der Komposition von „Das siebte Kreuz“ an Manzonis Werk „Die Verlobten“ orientiert, was Reich-Ranicki für völligen Unsinn hält: „Diese bescheidene, sympathische Person, die jetzt in breiter Mainzer Mundart gemächlich über ihre Figuren schwatzte, diese würdige und liebenswerte Frau hat den Roman ‚Das siebte Kreuz‘ überhaupt nicht verstanden. Sie hat keine Ahnung von der Rafinesse der hier angewandten Mittel, von der Virtuosität der Komposition.“ (S. 342)

Kurz darauf, nach einer Anekdote über Richard Strauss verallgemeinert er diese Einsicht: „Was habe ich aus dem Gespräch mit Anna Seghers gelernt? Daß die meisten Schrtiftsteller von der Literatur nicht mehr verstehen als die Vögel von der Ornithologie. Und daß sie am wenigsten ihre eigenen Werke zu beurteilen imstande sind. Denn in der Regel wissen sie zwar, was sie ungefähr zeigen und verdeutlichen, erreichen und bewirken wollten. Dieses Wissen trübt ihren Blick auf das, was sie geleistet und geschaffen haben. Der Kritiker soll prüfen – so gründlich und so sorgfältig wie möglich -, was der Autor geschrieben hat. Was der Autor sonst über sein Werk zu sagen hat, sollten wir nicht ignorieren, indes auch nicht sonderlich ernst nehmen.“ (S. 342 f.)

Das ist eine Maxime, die man einerseits ernsthaft würdigen soll; anderseits zeigt sie aber auch, von welchem Selbstbewusstsein Reich-Ranicki als Kritiker erfüllt war.

Beobachtungen über die Kunst zu denken

Christian Garve: Einige Beobachtungen über die Kunst zu denken, in: Garve: Versuche über verschiedene Gegenstände aus der Moral, der Litteratur und dem gesellschaftlichen Leben. Zweyter Theil. Breslau 1796, S. 245 ff. [Ich fasse Garves Gedanken kurz zusammen, im Indikativ.]

Dunkel ist die Entstehung der Gedanken in der Meditation. Sie unterliegt dem Willen, lebt aber auch von Eingebungen, die sich von selber unregelmäßig einstellen. Eigene Wahl und fremde Einflüsse bestimmen uns insgesamt.

Erste Abtheilung. (Über Hilfsmittel und Hindernisse des Denkens überhaupt)

1. Sich den Gegenstand lebhaft und ausführlich vorstellen, sich an eigenen Erfahrungen orientieren, das ist die beste Vorbereitung der Meditation.

2. Sich dem Strom der Ideen zu überlassen führt leicht auf Abwege. Müdigkeit verstärkt das Abschweifen, lebhaftes Interesse verhindert es.

3. Es ist schwierig, gerade das, was man denkt, zu sagen; im Aussprechen werden die Ideen leicht verändert. Nur ganz helle Einsichten werden klar ausgesprochen; jede Sprache färbt Ideen auf ihre Weise. Hohe Sprachfähigkeit erleichtert das Denken, Wort und Ausdruck bieten sich dann von selbst dar.

4. Mit Erfolg denkt man, wenn man lange ununterbrochen denken kann (Aufmerksamkeit, Konzentration); Übung hilft hier weiter. – Man soll seine Aufmerksamkeit nur auf eine Sache richten, und zwar so lange, bis man zu einem gewissen Ziel gekommen ist. Wem schnell etwas einfällt, der gibt sich leicht mit ersten Einfällen zufrieden und geht dann zum nächsten Thema über; man sollte üben, auch Durststrecken zu überstehen, statt sich zu zerstreuen.

5. Die Einfälle unterliegen nicht dem Willen; daher verfällt man leicht auf Verschiedenes, ohne es zu Ende zu bringen. – Einer stockenden Meditation kann man aufhelfen, wenn man nah verwandte Themen sich vor Augen führt.

6. Da unser Urteil über den Wert eines Themas schwankt, soll man Themen wählen, die einem wichtig sind; wenn die Lust daran vergeht, soll man sie aus Pflicht weiter verfolgen. Umso mehr ist es erforderlich, sein Thema umsichtig zu wählen. Wenn man dann etwas davon versteht, macht es noch mehr Freude, daran weiterzuarbeiten. „Die Reise zur Wahrheit ist, wie jede andere Reise. Der Weg geht über Sandfelder so gut, wie über grüne Auen; und man muß durch beyde hindurch, wenn man zum Ziele gelangen will.“ Je vortrefflicher das Erreichte ist, desto weniger kaschiert man Schwächen oder Fehler; aber Nebensächliches kann man ruhig unvollendet stehen lassen.

7. Am Anfang der Meditation muss man nicht auf vollkommene Ergebnisse aus sein, da kann man auch regellos denken: „Das gediegenste Gold liegt am tiefsten.“ Im zweiten Durchgang wird man die Ergebnisse der ersten Meditation sichten und ordnen; darauf erst folgt die Zusammenfügung und Rundung der geprüften Teile, schließlich die stilistische Feinarbeit.

8. (noch einmal als 7. gezählt) Vorbereitung der Meditation: sich mit den Gedanken der besten Köpfe vertraut machen und sich mit ihnen auseinandersetzen. Bei der eigenen Untersuchung stören fremde Gedanken jedoch und verhindern, dass wir unser Eigenes finden.

9. (als 8. gezählt) Zur Vorbereitung gehört auch die gelegentliche Durchsicht unseres eigenen Gedankenvorrats. Man muss also sein Gedächtnis in Anspruch nehmen oder auf Notizen zurückgreifen können. Hier profitiert derjenige, der mit der Geschichte seiner eigenen Philosophie und seines eigenen Lebens bekannt ist. Besser ruft man seine Erfahrungen im stillen Selbstgespräch als mit der Feder in der Hand auf.

10. (als 9. gezählt) Der Anblick der schönen Natur und Bewegung befördern das Denken; im 16. Jahrhundert haben einige Gelehrte zu Pferde an ihren Werken gearbeitet. Ein Aufenthalt im Gebirge regt das Denken besonders an.

Zweyte Abtheilung

Darin geht es um die verschiedenen Methoden des Denkens, die hier nicht mehr berücksichtigt werden. „Ich nenne die erste die Methode des Unterrichts, oder die systematische, die zweyte die Methode der Erfindung, oder die Sokratische, die dritte die historische, die vierte die widerlegende, die fünfte die commentierende, die sechste, die beobachtende.“

https://archive.org/details/versucheberver02garvuoft/page/244/mode/2up (Text)

Frage: Kann man das für die Schule fruchtbar machen?

Goethe: Über das Lesen

Was mein leichter Griffel entwirft, ist leicht zu verlöschen,
Und viel tiefer präget sich nicht der Eindruck der Lettern,
Die, so sagt man, der Ewigkeit trotzen. Freilich an viele
Spricht die gedruckte Kolumne; doch bald, wie jeder sein Antlitz,
Das er im Spiegel gesehen, vergißt, die behaglichen Züge,
So vergißt er das Wort, wenn auch von Erze gestempelt.
Reden schwanken so leicht herüber hinüber, wenn viele
Sprechen und jeder nur sich im eigenen Worte, sogar auch
Nur sich selbst im Worte vernimmt, das der andere sagte.
Mit den Büchern ist es nicht anders. Liest doch nur jeder
Aus dem Buch sich heraus, und ist er gewaltig, so liest er
In das Buch sich hinein, amalgamiert sich das Fremde.
Ganz vergebens strebst du daher, durch Schriften des Menschen
Schon entschiedenen Hang und seine Neigung zu wenden;
Aber bestärken kannst du ihn wohl in seiner Gesinnung
Oder, wär er noch neu, in dieses ihn tauchen und jenes.

Sag ich, wie ich es denke, so scheint durchaus mir, es bildet
Nur das Leben den Mann und wenig bedeuten die Worte.
Denn zwar hören wir gern, was unsre Meinung bestätigt,
Aber das Hören bestimmt nicht die Meinung; was uns zuwider
Wäre, glaubten wir wohl dem künstlichen Redner; doch eilet
Unser befreites Gemüt, gewohnte Bahnen zu suchen.
Sollen wir freudig horchen und willig gehorchen, so mußt du
Schmeicheln. Sprichst du zum Volke, zu Fürsten und Königen, allen
Magst du Geschichten erzählen, worin als wirklich erscheinet,
Was sie wünschen und was sie selber zu leben begehrten.

(Auszug aus der Epistel, die Goethe 1794 für die Horen geschrieben hat)

Gutes Deutsch schreiben – Regeln und Tipps

Ich schreibe hier nicht über die Frage, wie man Rechtschreib- und Grammatikfehler vermeidet – das setze ich jetzt als bekannt voraus. Es geht vielmehr darum, wie man flüssiges, gutes Deutsch schreibt. Ich beziehe mich direkt auf meinen Aufsatz „Typische Fehler im deutschen Aufsatz“ (https://norberto68.wordpress.com/2012/10/27/typische-fehler-im-deutschen-aufsatz/), wo die Fehler an Beispielen erklärt werden: Wenn man Fehler vermeidet, macht man es richtig.

1. Vor dem Schreiben

Mache dir klar, über welche Frage du schreibst.

Bedenke und notiere, welche Aspekte der Frage bzw. welche Teilfragen du behandeln musst.

Lege die Reihenfolge dieser Aspekte fest, ehe du zu schreiben beginnst.

(Vergleiche dazu https://norberto68.wordpress.com/2013/11/07/unterrichtsreihe-ordnen-gliedern-gliederung-anfertigen/ und https://norberto68.wordpress.com/2011/02/13/gliederung-von-der-stoffsammlung-zum-aufsatz-beispiele/)

2. Beim Schreiben

a) Insgesamt:

Benenne zu Beginn die Frage, um die es geht.

Mache deutlich, welchen Aspekt du gerade behandelst.

Beginne für jeden neuen Aspekt einen neuen Absatz.

Zeige durch Querverweise, worüber du schon gesprochen hast oder später schreiben willst.

b) Auf der Ebene der Sätze:

Achte auf das der Textsorte angemessene Tempus (erklären: Präsens; berichten: Präteritum).

Fülle die Satzbaupläne aus; spare also keine notwendigen Angaben und Ergänzungen ein. (Siehe zur Satzlehre https://norberto68.wordpress.com/2011/02/14/satzlehre-der-deutsche-satz/ und https://norberto68.wordpress.com/2011/02/14/innere-gliederung-des-deutschen-satzes-die-satzklammer/ sowie https://norberto68.wordpress.com/2011/06/20/vorrang-des-verbs-vor-dem-substantiv-nomen-beispiel-verraten/!)

Vergiss nicht die zum Verständnis erforderlichen Attribute.

Löse komplexe Nominalphrasen in Nebensätze auf.

Achte auf eindeutigen Bezug der Pronomina.

Achte auf die richtige Wortstellung innerhalb des Satzes.

3. Nach dem Schreiben

Prüfe, ob du alles gesagt hast, was du sagen wolltest.

Überlege, ob du die richtige Reihenfolge der Aspekte gewählt hast.

Prüfe, ob ein anderer auf Anhieb verstehen kann, was du meinst.

Das alles prüft man leichter, wenn man seinen Text am nächsten oder übernächsten Tag noch einmal kritisch liest; unmittelbar nach dem Schreiben hat man nämlich noch nicht genügend Abstand vom eigenen Text.

Leserbrief verfassen (Beispiel)

Zu Jakob Biazza: Erregt euch (SZ vom 28. Februar 2020, S. 3)

Was Herr Biazza hier über Dieter Nuhr äußert, bedarf einer Korrektur. Abgesehen davon, dass er den ganzen Artikel über Nuhrs Leistung unbegründet relativiert („eigentlich kein hohler Provokateur, ein über weite Strecken guter Kabarettist“), unterstellt er ihm zum Schluss eine Änderung seiner Haltung, die auf Unverständnis der zitierten Nuhr’schen Sätze beruht. Die Sätze lauten: „Jeder darf alles sagen – es gibt nur kein Grundrecht darauf, dass einem niemand widerspricht.“ Satz 2 lautet: „Jeder darf alles sagen – er muss nur damit rechnen, ausgegrenzt, verachtet, beschimpft, bedroht und in aller Öffentlichkeit als Idiot hingestellt zu werden. Und da sparen sich eben viele lieber ihre Widerworte.“
Bialla konstruiert aus diesen beiden Sätzen die These, Nuhr habe seine Meinung geändert, und kommentiert süffisant: „Wie leicht sich die Dinge doch in ihr Gegenteil verwandeln lassen.“ Nuhr sei also eigentlich doch ein hohler Schwätzer. Diese Auffassung verkennt, über wen bzw. in welche Richtung die beiden Sätze gesagt worden sind: Satz 1 ist auf die Links-Grünen (LG) gemünzt, denen ein bestimmtes Recht abgesprochen wird; sie müssen Widerspruch hinnehmen. Satz 2 bezieht sich auf Leute, die den LG widersprechen möchten und deshalb als Reaktionäre verspottet werden; von denen sparen sich dann viele ihre Widerworte wegen der üblen Folgen. In Satz 2 wird also ein Zustand beschrieben. Den Unterschied zwischen diesen beiden sprachlichen Akten und den beiden gemeinten Gruppen erkennt Jakob Bialla nicht, was peinlich für jemand ist, der die Reportage auf S. 3 schreiben darf; deshalb ist die Überschrift „Erregt euch“ auch verfehlt – Nuhrs Credo lautet im Gegenteil „Beruhigt euch!“, und das ist an die LG und den von ihnen beherrschten Mainstream gerichtet.
Noch eine Differenzierung zum Schluss: Dieter Nuhr hat Zugang zum Mikrofon bei der ARD, er erspart sich nicht seine Widerworte; ich allerdings habe gezögert, diesen Leserbrief zu schreiben, weil meine Argumente Herrn Biazza vermutlich nicht erreichen, sondern mit einer spöttischen Bemerkung im Papierkorb landen.
Freundlichen Gruß,
P.S. Auf diesen Brief hat Herr Biazza übrigens geantwortet.

kreatives Schreiben / goldene Regel / Pointe finden

Wo steckt der Witz?

Als zu Tisch einmal der Wein ausging, sagte der Hausherr zu seinem Diener, dem Zigeuner: „Geh, hol aus dem Wirtshaus frischen Wein!“ – Der Zigeuner muckst sich nicht. – „Nun, was stehst denn da? Warum gehst du nicht?“ – „Herr, gib Geld!“ – „Narr, der du bist, ist‘s denn eine Kunst, Wein zu holen, wenn man Geld hat? Hol mal einen ohne Geld. Zeig deinen Zigeunerverstand!“ – Der Zigeuner geht weg, kommt nach einer Weile zurück und stellt vorsichtig die Flasche vor den Herrn hin. Der Herr greift nach der Flasche und will einschenken, kein Tropfen Wein da! Entrüstet ruft er aus: „Zigeuner, wo ist der Wein?“ – „Ja, Herr, ist‘s denn eine Kunst, Wein zu trinken, wenn man einen hat? Trink mal einen, wenn keiner da ist. Zeig deinen Herrenverstand!“ – Darüber lachten alle und sagten, der Zigeuner habe mehr Verstand als sein Herr. (Zigeunerhumor. 250 Schnurren, Schwänke und Märchen, von Friedrich S. Krauss. Leipzig 1907, S. 168 f.)

In dieser Anekdote (Schwank) wird die goldene Regel angewandt, Wechselseitigkeit (Reziprozität) als ein elementares Prinzip menschlichen Zusammenlebens: Wie du mir, so ich dir (Was du nicht willst, dass man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu.). Der Witz liegt darin, dass sie analog verschoben wird: Ohne Geld Wein kaufen → ohne Wein Wein trinken. Die Findigkeit des Dieners, hier eines Zigeuners, besteht darin, diese Analogie zu finden und sich so des unsinnigen Auftrags, ohne Geld Wein zu holen, zu entledigen.

Es gibt viele ähnlich gebaute Erzählungen. Eine davon ist in aller Ruhe mit den Schülern zu analysieren. Wenn sie das Prinzip verstanden haben, kann man versuchen, die Schüler entsprechende Antworten finden zu lassen – das schult den Geist und ist eine echt kreative Übung. Dann präsentiert man den Schülern den Text, allerdings ohne die analoge Antwort (die hier in anderen Typen gesetzt ist), welche die Schüler zu finden haben. Ich führe gleich weitere Beispiele an und weise jetzt nur noch darauf hin, dass im vorliegenden Text der letzte abrundende Satz eigentlich überflüssig ist – ohne ihn stände die Pointe deutlich am Schluss.

Weitere Beispiele solcher Geschichten, hier von Nasreddin Hodscha aus einer Sammlung seiner Geschichten:

Nr. 31: Geschichte mit dem Lamm https://archive.org/details/derhodschanasred01wess/page/16

Nr. 97: Geschichte von den Gästen https://archive.org/details/derhodschanasred01wess/page/52

Nr. 110: hinunter oder herauf https://archive.org/details/derhodschanasred01wess/page/56

Nr. 172: Schlag in den Nacken https://archive.org/details/derhodschanasred01wess/page/92

Nr. 211: gute Ratschläge https://archive.org/details/derhodschanasred01wess/page/116

Nr. 377: Vom Recht auf Unterschiede https://archive.org/details/derhodschanasred02wess/page/20

Eine weitere Geschichte kann ich zuerst in einer Kurzfassung abdrucken:

Eines Tages ging Nasreddin über den Basar, als er aus einer Gasthausküche Schreie hörte. Der Wirt schimpfte: „Dieser Landstreicher hat einen Fladen aus der Tasche geholt und diesen solange über meinen Bratspieß gehalten, bis er nach Fleisch roch. Und jetzt zahlt er nicht.“ Nasreddin forderte den Bettler auf, sein Geld rauszuholen. Er schüttelte dessen Faust mit den Münzen und sprach zum Wirt: „Er hat den Duft deines Bratens gerochen und du hast den Klang seines Geldes gehört. Jetzt seid ihr quitt!“

Dann die längere Fassung:

Der Klang des Geldes
Nasreddin ging durch den Bazar. Er hörte Geschreie aus einer Garküche. Nasreddin rannte sofort hin, um nachzusehen, was dort geschah. Er sah einen Wirt, der einen Bettler am Kragen schüttelte, nur weil der Bettler nicht zahlte. Nasreddin fragte, was los sei. Der Wirt brüllte: „Dieser Landstreicher holte einen Fladen aus der Tasche und hielt den Fladen solange auf dem Bratspieß, bis er nach Fleisch roch und doppelt so gut schmeckte und jetzt zahlt er nicht.“ Daraufhin sprach Nasreddin zum Bettler: „Es ist nicht gut, fremdes Gut ohne Bezahlung zu benutzen. Hast du Geld?“ Der Bettler holte ein paar Münzen aus der Tasche und der Wirt streckte seine Hand aus, aber Nasreddin sprach plötzlich: „Warte, Meister des Wohlgeschmacks, hör mal genau zu!“ Nasreddin schüttelte eine Weile die Faust, in dem sich die Münzen befanden, und es klimperte. Er gab dem Bettler das Geld zurück und rief: „Gehe hin, in Frieden!“ Der Wirt sprach erschrocken: „Aber ich hab das Geld doch überhaupt nicht bekommen.“ Nasreddin dagegen: „Er hat den Duft deines Bratens gerochen und du hast den Klang seines Geldes gehört. Jetzt seid Ihr quitt!“

Eine weitere Geschichte:

Der Topf
Nasreddin gab seiner Nachbarin einen geliehenen Topf zurück und bedankte sich bei ihr dafür. An einem anderen Tag sagte die Nachbarin: „Mullah, du hast einen kleinen Topf in meinem Topf vergessen.“ Mit einem ernsten Ton sprach der Mullah: „Der Topf war schwanger und hat bei mir ein Baby bekommen.“ Als sich der Mullah wieder einmal einen Topf bei der Nachbarin leihen wollte, gab sie ihm den größten, den sie im Hause hatte. Mehrere Tage vergingen und der Mullah brachte den Topf nicht zurück. Schließlich fragte die Nachbarin: „Wo ist mein Topf?“ Der Mullah sprach ihr sein Beileid aus: „Er ist leider gestorben.“ – „So ein Unsinn“, erwiderte die Nachbarin, „wie kann ein Topf denn sterben?“ – „Wenn Töpfe Junge bekommen können, dann können sie auch sterben“, antwortete der Mullah.

Also dann: Viel Erfolg! (und siehe noch https://norberto42.blogspot.com/2019/10/produktiv-schreiben-in-sek-i-beispiele.html!)

Produktiv schreiben in der Sek. I – erprobte Beispiele

Ich habe in Kl. 5-10 des Gymnasiums regelmäßig Unterrichtsreihen durchgeführt, in denen die Schüler produktiv schreiben sollten – wenn man so will auch: kreativ, obwohl sie sich im Schreiben an Schemata anlehnen konnten. Alle Reihen endeten in einer Klassenarbeit, deren beste Ergebnisse man in einem Reader veröffentlichen kann. Ich gebe eine kurze Übersicht über die Abfolge der Aufgaben:

Klasse 5: einen Märchenanfang ausgestalten (weitererzählen), siehe https://norberto68.wordpress.com/2011/02/21/marchenanfange-fortsetzen-marchen-schreiben-mit-beispiel/; der vorgegebene Text reichte bis zur ersten Aufgabe, die der „Held“ zu bewältigen hat.

Klasse 6: Aus einer anderen Perspektive erzählen; in einem Übungsdiktat ist festgehalten, was dabei zu beachten ist:

Aus einer anderen Perspektive erzählen
1 Wir leben als Menschen nicht nur neben anderen, sondern auch mit ihnen. Wir können uns in ihre Lage versetzen und die Welt mit ihren Augen sehen; wir können ihren Standpunkt einnehmen.
2 Deshalb können wir auch Erzählungen so umformen, dass wir die Perspektive verändern, in der die Ereignisse gesehen werden. Meistens verändern wir sie so, dass der Standpunkt des unbeteiligten Erzählers aufgegeben wird.
3 Stattdessen nehmen wir den Standpunkt einer am Geschehen beteiligten Person ein. Wir müssen uns dann etwa fragen, wie der Bauer den Betrug erlebt; wir können uns das leicht vorstellen, weil wir solche Vorfälle kennen.
4 Der Bauer ist klüger als seine Frau und merkt sogleich, dass diese vom Studenten betrogen worden ist; er schimpft sie aus und will das ergaunerte Gut dem frechen Studenten wieder abnehmen.
5 Dabei fällt er selber auf den listigen Betrüger herein, den er für einen Arbeiter gehalten hat; er erkennt auch dessen zweiten Betrug, gesteht aber vor seiner Frau nicht ein, dass er selber vom Studenten ausgetrickst worden ist.
6 Wir können uns leicht in die Situation eines Menschen versetzen, der nicht dumm ist, aber von einem klügeren hereingelegt wird. Was erfährt und erlebt der Bauer? Wie erlebt er das alles? Das können wir aus seiner Sicht erzählen.
[zum Schwank: Von einem armen Studenten, der aus dem Paradies kam]
7 Der vorgegebene Text muss gekürzt werden, wenn der Ich-Erzähler etwas nicht weiß oder bemerkt; wenn er aber etwas Wichtiges, Bedrohliches oder Aufregendes erlebt, kann der Text auch erweitert oder gedehnt werden.
8 Was die erzählende Person selber sagt, fühlt, denkt und erlebt, wird in der 1. Person formuliert: „ich“ und „wir“ sind die Personalpronomen der 1. Person; die Pronomen „mein“ und „unser“ zeigen den Besitz an.
9 Von Bedeutung ist, wem und bei welcher Gelegenheit der Bauer die Geschichte erzählt. Einem guten Freund wird er seine Dummheit vielleicht eingestehen, vor anderen sie wohl eher entschuldigen: Wie schlecht doch heutzutage die Studenten sind!
10 Irgendwann, nicht unbedingt zu Beginn muss angedeutet werden, wann das Geschehen sich ereignet hat. Wenn man bedenkt, wem der Bauer seine Geschichte bei welcher Gelegenheit erzählt, wird man leicht den Anfang finden.

Hierzu eignen sich vor allem Schwänke oder Hebels Kalendergeschichten; so kann Hebels Erzählung „Der kluge Richter“ aus der Perspektive des Begünstigten erzählt werden: „Wie ein kluger Richter meinen guten Ruf gerettet hat.“ Man kann/sollte auch die Erzählsituation vorgeben: Ein Mann erzählt in geselliger Runde: „Wie ein kluger Richter…“ Oder zu „Der geheilte Patient“: Der Opa erwählt seinen Enkelkindern: „Wie ein kluger Arzt mich vor langer Zeit von meinen Macken befreit hat.“ Man muss dabei die Perspektive des Opas wie auch die Erwartungen und Kenntnisse (Perspektive) der Kinder berücksichtigen. Eine große Aufgabe!

Ebenfalls in Klasse 6 vielleicht auch: eine Erzählung in einen Bericht umformen. Schön und ergreifend war die Lektüre von O. F. Langs Roman „Meine Spur löscht der Fluß“ – danach konnte ein normales Ereignis in der Perspektive und Sprache eines frisch in die „Zivilisation“ verschlagenen „Indianers“ erzählt werden.

Klasse 7: Im Anschluss an Kästners Gedicht „Wär‘ ich ein Baum“ haben wir versucht, die Menschenwelt mit den Augen eines Tiers oder eines Gegenstandes („Wenn ich ein Buch wäre“, „Wenn ich eine Uhr wäre“ …) zu beschreiben; sehr anspruchsvoll, vgl. https://norberto68.wordpress.com/2011/02/21/phantasie-war-ich-ein-baum-kastner/ (vgl. auch das Stichwort Nature Writing).

Klasse 8 (- 10): Nach der Analyse einiger Kurzgeschichten kann man den vorgegebenen Anfang einer Kurzgeschichte zu Ende schreiben lassen, vgl. https://norberto68.wordpress.com/2011/02/21/anfange-von-kurzgeschichten-fortsetzen/; Vorsicht: die Schüler neigen zu happy-end-Schlüssen!

Kl. 8: Im Zusammenhang mit einer analytischen Reihe über Formen des Bewertens habe ich gern eine Figur in einem vorgegebenen Text umwerten lassen, also etwa aus einer in einem Zeitungsartikel verrissenen Sängerin einen großen Star oder aus einem tollen Offizier (Landserheft) einen miesen Typen machen lassen. Die Anleitung zur analytischen Arbeit finden Sie unter „Aufsatzunterricht“, dort C: Etwas bewerten, darin „Kriterien und Methoden des Bewertens“ und „aufwerten – abwerten: sprachliche Mittel“.

Klasse 9: Satiren schreiben, das war eine meiner Lieblingsreihen, mit wunderbaren Ergebnissen, s. https://norberto68.wordpress.com/2011/02/21/satiren-schreiben-mit-beispielen/ (vgl. auch noch https://norberto68.wordpress.com/2013/09/15/satire-beispiel-worterbuch-des-fmg/).

Klasse 10: eine Typisierung verfassen; auch diese Reihe führte zu schönen Ergebnissen, vgl. die Darstellung in https://norberto68.wordpress.com/2011/02/21/typisierung-mit-beispielen/. Als Leser der Schülerarbeiten erfreut man sich an der kritischen Sicht seiner Zöglinge – alle Reihen in Kl. 7-10 haben ja einen kritischen Touch, und bereits die Erzählung in der „Indianersprache“ in Klasse 6 arbeitet mit der Technik der Verfremdung.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, nur Mut! Ich habe die besten Erfahrungen mit diesen Reihen gemacht.

Autobiografie des hl. Rocks von Trier – eine literarische Form

Die Selbstbiografie des heiligen Rocks zu Trier (https://archive.org/details/bub_gb_YhIDAAAAcAAJ/page/n3, durch Klicken auf die Seiten umblättern, unten rechts das Bild vergrößern) ist eine kleine Köstlichkeit – soll hier aber nur genannt werden, um auf eine Möglichkeit des Schreibens im Deutsch- bzw. Literaturunterricht hinzuweisen.

Das Schriftchen ist 1845 im Anschluss an die Polemik geschrieben worden, die der katholische Priester Johannes Ronge durch seinen offenen Brief an den Bischof von Trier 1844 losgetreten hat; in diesem Brief (https://archive.org/details/bub_gb_C75DAAAAYAAJ/page/n19 ) hat Ronge gegen die Wallfahrt zum heiligen Rock in Trier gewettert. Später wurde Ronge übrigens exkommuniziert und hat dann seinen eigenen Verein aufgemacht, aber das gehört nicht hierhin.