Herder hat 1796 den kleinen Aufsatz „Von der Ausbildung der Rede und Sprache in Kindern und Jünglingen“ geschrieben. Er legt dar, wie wir von Natur aus nur tierische Laute äußern und schreien, dass wir zu sprechen also lernen müssen. Gut zu sprechen lernen wir, sagt er, indem gut zu und mit uns gesprochen wird; wir ahmten nach, wie mit uns gesprochen wird.
Er nennt dann drei Prinzipien, nach denen wir gut zu sprechen lernen:
1. Das Lesen, ein lautes Lesen der besten Schriften in jeder Art des Vortrags gibt sowohl der Rede als der Seele selbst eine große Vielförmigkeit und Gewandtheit.
2. Zum guten Lesen und Auswendiglernen gehört notwendig die eigene Komposition. Man sollte also jeden Tag einen kleinen Text schreiben oder abschreiben.
3. Am innigsten wird die Sprache und Rede aber durch Umgang gebildet; man soll sich also befleißigen, jedes Mal aufs beste und anständigste zu reden, aufs bestimmteste und gefälligste zu antworten.
Drei Regeln gelte es zu beachten, wenn man nüchtern sprechen und gut miteinander auskommen wolle:
1. Man falle niemandem in die Rede.
2. Man hüte sich vor gewohnten Eigenheiten und Lieblingsausdrücken.
3. Man hüte sich vor allem Despotismus im Umgang und in seinen Gesprächen, also vor der Rechthaberei.
Bei allem komme es darauf an, dass unsere Rede ganz sei und etwas Ganzes bestimmt sage. „Das, was man sagen will, rein, ganz, bestimmt und doch artig, höflich zu sagen und ein Ende in seiner Rede finden zu können: das ist der schönste Ausdruck der Gesellschaft und des Umganges.“
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