Ich möchte einige Gedichte nennen, die sich jahrelang in meinem Unterricht bewährt haben – vielleicht auch als Anregung für eine Vertretungsstunde:
James Krüss: Der Zauberer Korinthe
https://www2.klett.de/sixcms/media.php/229/OA_313811_S167_qd36fk_Gedichtvortrag.pdf
https://text-unlimited.de/wordpress/kaffee-tinte/ (kleine Fehler im Text)
Peter Hacks: Trip, trip, trop
(leider nicht im Netz greifbar)
James Krüss: Höpftbönnöff (aus: Mein Urgroßvater und ich, 1960)
Erich Kästner: Die Sache mit den Klößen
Karl Krolow: Schlaflied im Sommer
Nun träumen im Kleefeld die Hasen
und spitzen im Schlafe ihr Ohr.
Im Dunkel duftet der Rasen.
Es spüren mit feinen Nasen
die Füchse am Gartentor.
Nun redet im Walnussbaume
vorm Fenster der nächtliche Wind.
Nun atmen Birne und Pflaume
und wollen reifen. Im Traume
mit Händen greift sie mein Kind.
Es rufen die Uhren die Stunde
durchs schlafende Sommerhaus.
Im Hofe knurren die Hunde.
Mein Kind ruht, die Fäustchen am Munde.
Ich lösche die Kerze aus.
Wilhelm Busch: Die Freunde
http://www.wilhelm-busch-seiten.de/gedichte/letzt58.html
(Dieses Gedicht diente bei mir oft dazu, ein paar Wochen später Fritz aus den Ferien einen Brief an Ferdinand schreiben zu lassen, in dem er seinem Freund erneut die Freundschaft anbietet.)
James Krüss: Das Feuer
Hörst du, wie die Flammen flüstern,
Knicken, knacken, krachen, knistern,
Wie das Feuer rauscht und saust,
Brodelt, brutzelt, brennt und braust?
Siehst du, wie die Flammen lecken,
Züngeln und die Zunge blecken,
Wie das Feuer tanzt und zuckt,
Trockne Hölzer schlingt und schluckt?
Riechst du, wie die Flammen rauchen,
Brenzlig, brutzlig, brandig schmauchen,
Wie das Feuer, rot und schwarz,
Duftet, schmeckt nach Pech und Harz?
Fühlst du, wie die Flammen schwärmen,
Glut aushauchen, wohlig wärmen,
Wie das Feuer, flackrig-wild,
Dich in warme Wellen hüllt?
Hörst Du, wie es leiser knackt?
Siehst du, wie es matter flackt?
Riechst du, wie der Rauch verzieht?
Fühlst du, wie die Wärme flieht?
Kleiner wird der Feuerbraus:
Ein letztes Knistern,
Ein feines Flüstern,
Ein schwaches Züngeln,
Ein dünnes Ringeln –
Aus.
Zu Krüss eine Klassenarbeit aus Kl. 5 des Gymnasiums:
Die Gestaltung eines Gedichtes verstehen und elementar beschreiben – eine Schulstunde
Aufgabenstellung:
1. Beschreibe den Aufbau des Gedichtes; beachte dabei, was der Sprecher tut.
2. Das Taktschema der 1. Strophe:
a) Zeichne das Taktschema der 1. Strophe.
b) Wie heißt dieser Takt?
c) Wo sind aufgrund des Taktschemas kleine Pausen beim Sprechen zu machen?
3. Das Taktschema der letzten Strophe:
a) Zeichne das Taktschema der letzten Strophe.
b) Was fällt dir auf, wenn du es mit dem Taktschema der 1. Strophe vergleichst? Wie erklärst du dir den Unterschied?
4. Reime:
a) Wie nennt man die Art des Reimens in den ersten fünf Strophen?
b) Erkläre dort an drei Reimpaaren, welche Beziehung durch den Reim zwischen den Versen gestiftet wird.
5. Zusatzaufgabe (ich weiß nicht, ob ihr dafür noch Zeit habt):
Ganz oft tauchen in diesem Gedicht Stabreime auf.
a) Nenne drei Beispiele dafür.
b) Kannst du beschreiben, wie das stabreimende Sprechen sich anhört (wie es also auf dich wirkt)?
Erläuterungen zu den Versen
4 brodeln: Kochendes Wasser brodelt (wirft Blasen auf).
4 brutzeln: Fleisch brutzelt in einer heißen Pfanne.
6 blecken: sehen lassen (mit „blicken“ verwandt)
9 rauchen: Rauch erzeugen
10 schmauchen: qualmen
Die Adjektive in V. 10 musst du von ihren Ursprungswörtern verstehen.
24 züngeln: (die Bewegung der Zunge machen) auf Flammen u.Ä. übertragen.
Beantworte die Fragen in ganzen Sätzen und nicht so, als ob du mit mir sprächest!
Viel Erfolg (und ein bisschen Freude am Gedicht)!
P.S. Um in den Takt einzuführen, könnte man vielleicht auf Morgensterns Gedicht „Der Tanz“ zurückgreifen; das ist so herrlich sinnlos-sinnvoll, dass aufgeweckte Kinder sicher ihre helle Freude daran haben – leider ist es semantisch ein bisschen anspruchsvoller, man muss einiges erklären, was ich hier getan habe.