Gerade in Gedichten wird bildhaft gesprochen. Sprachliche „Bilder“ sind oft schön und eindringlich, machen eine Aussage plausibel, sind häufig nicht eindeutig und laden unsichere Schüler und Lehrer zu fragwürdigen „Interpretationen“ ein. Deshalb sollte man das Verständnis sprachlicher Bilder beizeiten einüben (vgl. auch die Tags „bildhaftes Denken, bildhafte Sprache, bildhaftes Sprechen“ sowie die Kategorie „Methodisches“ am rechten Rand!) – diesem Ziel dient die folgende Unterrichtsreihe, die für Kl. 6 des Gymnasiums entworfen und von mir auch mehrfach erprobt wurde. Zur Auswahl der Gedichte ist zu sagen, dass sie nach meiner Einschätzung für Kinder verständlich sind, was man von den wenigen Gedichten im Deutschbuch 6 (Cornelsen) nicht unbedingt sagen kann – dort ist wieder ein für 6er-Schüler verfrühter Zug zur Klassik (Claudius, Goethe) spürbar.
Wilhelm Busch: Der volle Sack
In diesem Gedicht wird erzählt, wie der Sack und die Ähren zueinander sprechen; sie sind also personifiziert. Wenn man sich anhört, wie sie miteinander sprechen, erkennt man darin leicht eine Situation wieder, wie sie oft unter Menschen besteht: Da ist jemand, der sich aufplustert und seine „Verdienste“ über den grünen Klee lobt; die anderen, die vermeintlich Kleinen aber sind es, die die Arbeit tun. Nachdem der dicke Sack gefordert hat, man solle ihn tüchtig verehren, wird sein Selbstlob mit einem einzigen Satz entlarvt: Ohne die Ähren und ihre Leistung wäre er nur „ein leerer Schlauch“. – Beachte auch den Kontrast „dicker Sack – leerer Schlauch“ und die beiden Gegenüberstellungen „ich – ihr“ (Sicht des Sacks) und „du – wir“ (Sicht der Ähren). Das Gespräch zwischen Sack und Ähren ist also ein Bild, in dem wir etwas wiedererkennen, was oft zwischen Menschen vorkommt; die Wahl eines Sacks durch den Dichter macht plausibel, dass der scheinbar „dicke“ Sack aus eigener Kraft nichts ist, platt ist, nur „ein leerer Schlauch“ – deshalb kann sinnvoll ein Sack personifiziert werden; zu ihm passen dann als „Gehilfen“ die Körner bzw. Ähren, die ihn erst füllen.
Beim Takt ist interessant, dass der Jambus durch die Betonung des „ich“ durch den Sack-Sprecher gestört wird, wodurch das Selbstlob in dem betonten „ich“ erst recht zur Geltung kommt; auch die letzte Strophe ist interessant: In V. 17 fehlen zwei Silben, wodurch der Vers langsam gesprochen wird, was das sanfte Sprechen der Ähren unterstreicht. Sie stellen dem Vergleich der Leistungen („ich – ihr“), wie der Sack sie sieht, ihre eigene Sicht entgegen: „du – wir“.
F. Jammes: Ich liebe den Esel
Hier sieht man sehr schön, wie ein Esel so sehr in die Nähe der Menschen gerückt wird, dass man den großen Wenn-Satz (V. 1 – 10) eigentlich so fortsetzen muss: „dann liebe ich den Esel“ (vgl. die Überschrift!). Dieser Esel ist uns Menschen nahe, weil er über sich nachdenkt (V. 7 und V. 3); weil er in Aussehen und Auftreten etwas Zartes hat (V. 1, 4, 5, 8 – vgl. auch die Wiederholung in V. 11 f.!); weil er durch die Arbeit so belastet ist, dass man ihn bedauern muss (V. 9 f.).
Wir haben „nur“ eine Übersetzung vor uns, was man berücksichtigen sollte, wenn man etwas zur Form des Gedichtes sagt. Es sind im Paarreim durchweg zwei Verse aneinander gebunden, die zusammen einen Satz oder eine Einheit bilden – nach V. 1, 3, 5 usw. macht man also eine klitzekleine Pause, nach V. 2, 4 , 6 usw. eine größere; es liegt kein Metrum vor – vielleicht sollte man zwei bis drei Hebungen (betonte Silben) pro Vers finden.
Chr. Morgenstern: Der Schaukelstuhl auf der verlassenen Terrasse
In diesem Gedicht wird ein Schaukelstuhl personifiziert: Er kann sprechen und er hat Gefühle (einsam, V. 1); so kann er uns sein Leid klagen, was einigermaßen komisch und beinahe lustig wirkt, weil wir ja wissen, dass ein Schaukelstuhl nicht leiden kann. Auch die neuen Wörter „nackeln“ und „rackeln“ (Neologismen, analog zu „wackeln“ gebildet) wirken lustig, ähnlich wie die Abwandlung von „kühl“ zu „kuhl“ (des Reimes wegen). Die Kinder fanden auch die Wiederholung „im Winde“ lustig, während meine Phantasie eher fragt, was da sonst wohl noch wackeln mag… Da haben Jungen und Mädchen übrigens teilweise verschiedene Phantasien. – Fazit: Die Personifizierung des Schaukelstuhls dient dem Autor dazu, ein lustiges Gedicht zu fabrizieren, während der Sprecher Schaukelstuhl uns sein Leid klagt.
K. Frank: Fliege möglichst nicht ohne Netz
Die Pointe des Gedichtes besteht darin, dass zwei bekannte Sprichwörter abgewandelt werden: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.“ Dieses Sprichwort wird wörtlich statt, wie üblich, metaphorisch verstanden und in sein Gegenteil verkehrt, was den Leser zumindest überrascht; das zweite lautet: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ Dieses Sprichwort wird umformuliert, aber dann erweitert: „wenn möglich mit Netz“. Im Zusammenhang mit der Beschreibung der akrobatischen Flieger ist diese Wendung ganz wörtlich zu verstehen; wenn sie in ein allgemein gültiges Sprichwort übernommen wird, wird sie wieder metaphorisch, weil sie ja auf viele Situationen passen muss. – Das Spiel mit der Metaphorik von Sprichwörtern dient dem Sprecher dazu, vor allzu leichtfertigen Kunststücken zu warnen.
Das Metrum dieses Gedichtes ist ganz eigenwillig: Jeweils die 2. und 5. von normalerweise sechs Silben sind betont, etwa so: „Zwei Fänger, vier Flieger, / das geht kunterbunter…“ (eine lustige Steigerung von „kunterbunt“). Wenn man hier nicht ein ganz neues Versmaß vorfinden will, nimmt man am einfachsten an, dass nach einem Auftakt („Zwei“) Daktylen folgen (Walzer- oder 3/4-Takt), wobei der zweite jeweils in den neuen Vers hineinreicht; so wird das Gedicht flott und flüssig gesprochen, was zu den Luftsprüngen der Flying Flamingos gut passt. – Es liegen auch mehrere Zeilensprünge (Enjambements) vor; davon spricht man, wenn ein Satz nicht am Versende endet, sondern in den nächsten Vers hineinreicht (etwa V. 1-2, V. 19-20 u.a.; in V. 16-17 wird sogar das Strophenende übersprungen!).
Aufbau des Gedichts: Das Gedicht besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil (Str. 1 und 2) beschreibt der Sprecher die kunstvollen Aktionen der Flying Flamingos; im zweiten Teil (ab Str. 3) spricht er ein „du“ direkt an. Dabei unterstellt er (fragt er?) dem Du zunächst, dass dieses Du auch so fliegen können möchte wie die Flamingos (Anrede „du“); danach gibt er dem Du einige Mahnungen mit auf den Weg, bei so waghalsigen Aktionen vorsichtig zu sein. Dieser Teil des zweiten Teils wird durch die abgrenzende Partikel „doch“ eingeleitet und steht unter dem Stichwort „einige Sprüche“ (V.13).
Georg Britting: Hinterm Zaun
In diesem Gedicht überlagern sich zwei Bilder: das, was der Sprecher sieht (die vom Wind bewegten Bäume im Frühling), und das Bild der Esel, mit deren wildem Aufbäumen er die Bewegung der Bäume vergleicht. [Achtung: Er vergleicht nicht die Bäume mit Eseln, sondern die Bewegung der Bäume mit der einer erregten Eselschar!] Man kann in zwei Listen die einzelnen Wörter und Wendungen auf die beiden Bilder aufteilen [oder sie mit verschiedenen Farben unterstreichen] und dann sehen, wie der Sprecher mitten im Satz, sogar mitten in einem einzigen Satzglied von einem Bild ins andere springt; das verwirrt einen zunächst, bis man diese Technik versteht.
Wir finden also zunächst einen Vergleich vor (V. 3: wie Esel…), der bereits vorher metaphorisch in eine „Gleichheit“ (oder Einheit der beiden Bilder) überspielt wird, vgl. V. 1 f.: „Die mageren Fühlingsbäume / schütteln sich schnaubend…“ Dadurch bewirkt der Sprecher, dass die Dynamik der wilden Esel in die Bewegung der Bäume übergeht; man sieht förmlich, wie wild die Esel-Bäume sich schütteln und losstürmen wollen. Durch die Personifizierung des Windes (bewirft, V. 9; wirft Hände voll Hagel, V. 10) wird das ganze Bild noch bewegter.
Dem entspricht nun auch der Kreuzreim mit den Enjambements und der unregelmäßigen Betonung, welche das Wilde an der Bewegung der Esel gut zum Ausdruck bringt; sowohl der Kreuzreim wie die Enjambements beschleunigen das Sprechen.
Joachin Ringelnatz: Ein männlicher Briefmark
Hier wird eine Briefmarke personifiziert, sogar bis in die Wortform „der Briefmark“ hinein: Er erlebt etwas Schönes: Er wird geküsst (beleckt, befeuchtet), will seinerseits die Prinzessin küssen, muss aber „verreisen“ (Brief wird abgeschickt). Fazit: Er liebt vergebens – das ist die Tragik des Lebens. Das Gedicht ist lustig, weil jeder weiß, dass Briefmarken nichts erleben können; vielleicht werden auch die unrealistische Liebeshoffnung oder der deswegen überzogene Liebeskummer verspottet. Die Personifizierung dient dazu, eine neue Perspektive auf vermeintlichen Liebeskummer zu eröffnen, also ein lustiges Gedicht zu verfassen.
Vielleicht sollte man kurz auf die Anzahl der Hebungen hinweisen: durchweg drei pro Vers, nur zweimal vier, allesamt unregelmäßig (also ohne festes Versmaß: Nähe zum volkstümlichen Dichten!?).
An diesem Gedicht sieht man sehr schön den Unterschied zwischen dem Sprecher in einem Gedicht und dem Autor: Der Sprecher setzt als normal voraus, dass Briefmarken sich verlieben können; der Autor J. Ringelnatz wusste natürlich, dass es so etwas nicht gibt! Dem entspricht die Differenz zwischen der Sicht des Sprechers und der Sicht des Lesers; der Leser weiß ebenfalls, dass der Sprecher etwas „sieht“, was es so nicht gibt. Solche vom Autor bewusst hergestellten Differenzen zwischen den Perspektiven des Sprechers und des Lesers sind oft ganz reizvoll, wie ja auch im Kölner Karneval die Reden der Doofen meistens am schönsten sind.
Wilhelm Busch: Die Affen
Etwas komplizierter ist die Technik, mit welcher der Leserblick gelenkt wird, in diesem Gedicht; hier vertritt der Knabe eine naive Sicht, in der ganz erstaunt gefragt wird: „Sind Affen denn auch Leute?“ Das bejaht der Vater (der Ältere, Wissende) im Grunde („beinah“). Damit sagt der Autor seinem Leser, dass wir Menschen oft „beinah“ Affen sind. – Im Gedicht „Ich liebe den Esel“ ist dieser in die Nähe der Menschen gerückt und so liebenswürdig geworden; im Gedicht Buschs wird der Mensch in die Nähe der Affen gerückt (auf ihre Stufe herabgesetzt) und so kritisiert, weil sein Handeln den beschriebenen Aktionen der Affen (V. 6 ff.) gleicht.
Diese Nähe wird durch einen Vergleich in V. 8 und viele Personifizierungen hergestellt. Die wichtigsten sind V. 15 f.: Sie essen mit der Hand und tun alles mit Verstand. Andere Personifizierungen schließen sich an diese beiden an (V. 6-8, V. 13 und V. 17). Die Personifizierung der Affen dient hier also dazu, bestimmte Verhaltensweisen von uns Menschen zu kritisieren bzw. zu bewerten.
Franz Fühmann: Lob des Ungehorsams
Franz Fühmann hat mittels der Überschrift seinen Erzähler angewiesen, etwas zum Lob des Ungehorsams zu erzählen; dieser greift auf das Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein zurück und verändert es: Ursprünglich hatte die Geiß ihre Kinder vor dem Wolf gewarnt (Füße, Stimme); Fühmanns Erzähler kennt dagegen das Verbot der Mutter, in den Uhrenkasten zu schauen. Das Gedicht ist so aufgebaut, dass den sechs artigen Geißlein das eine unartige gegenübergestellt wird; es macht zwar die Uhr kaputt, gewinnt aber Erkenntnis davon, wie es im Uhrenkasten aussieht. Als „der böse Wolf“ kommt, nützt den artigen Zicklein nichts, dass sie brav waren; das unartige kann sich jedoch dank seiner Kenntnis des Uhrenkastens retten: Da war die Mutter Geiß froh, obwohl sie normalerweise bestimmt die artigen Geißlein gelobt hätte; der Ungehorsam verdient (manchmal – bitte genau hinhören!) ein Lob, wenn man dadurch etwas erkannt hat, was einem in Schwierigkeiten weiterhilft.
Bei den Personifikationen kann man zwei Gruppen unterscheiden: eine Uhr haben (V. 3), die sprechende Mutter (V. 5 usw.), ein „böser“ Wolf (V. 17), Tisch, Bett und Stuhl benutzen (V. 19), das sind eindeutig Personifikationen; in diesem Zusammenhang können dann ebenfalls „dürfen“ (V. 2), „wollen“ (V. 7), artige bzw. unfolgsame, unartige Geißlein (V. 6, 11, 22), „wissen“ (V. 24) und „froh sein“ (V. 26) als Personifikationen gelesen werden – in einem weiten Verständnis können ja auch Tiere etwas wissen und wollen… Durch die Personifikation der Geißen wird das Bild einer Familie geschaffen, in dem der von den Erwachsenen geforderte Gehorsam in Frage gestellt wird. Wie der Fall des unfolgsamen Geißleins zeigt, kann auch Ungehorsam gut sein und zu lebensrettendem Wissen verhelfen, selbst wenn dabei eine Uhr kaputt geht: Mutter Geiß war schließlich froh!
Das Gedicht ist ganz streng in zwei Teilen symmetrisch aufgebaut: einleitendes Ereignis / Gegenüberstellung der sechs artigen und des unartigen Geißleins in ihrem Handeln / Ergebnis. Auch die einzelnen Strophen sind in der ersten Hälfte streng parallel erzählt.
Am Rande sei vermerkt, dass die Verarbeitung eines bekannten Märchens, das beinahe jeder wiedererkennt, die Leser lächeln oder schmunzeln lässt: ein kleiner Scherz des Autors.
E. Kästner: Im Auto über Land
Dieses Gedicht haben wir zum Schluss nur noch gestreift, um den Vergleich der Federwolken mit den Tuschzeichen zu würdigen, den Aufbau (zwei Teile) zu beschreiben und die Figur des kindlichen Erzählers mitsamt seiner kessen Erzählweise zu identifizieren.
James Krüss: Affenschule
An diesem Gedicht sollten die Kinder in der Klassenarbeit einige formale Merkmale benennen (Wiederholung des Stoffes aus Kl. 5: Taktschema, Reimform) und den Aufbau (drei Teile) beschreiben. Der Akzent lag auf den beiden Metaphern „Affenschule“ und „ein rechter Affe sein“, die unterschiedlich intensiv zu erklären und zu deuten waren (einschließlich der letzten Strophe). In Zusatzaufgaben konnten die Kinder etwas zum Sprecher und zu den vom Autor angepeilten Lesern sagen.
Auf gerade dieses Gedicht sind die Schüler speziell durch Besprechung von Wilhelm Busch: Die Affen, und Franz Fühmann: Lob des Ungehorsams, ansonsten natürlich durch die ganze Reihe vorbereitet worden. Fairerweise muss ich zugeben, dass viele Schüler am FMG nicht gewagt haben, mit dem Sprecher aus James Krüss‘ Gedicht kritisch zu denken: dass Gehorsam vor dem Oberaffen noch nicht das Prinzip menschlichen Lernens ausmacht; statt den Text genau zu lesen, sagen sie einfach, dass die Affen sich fies benehmen, Menschen dagegen ordentlich gehorchen und deshalb lernen, was sie zum (Über)Leben brauchen… – als ob die Affen das nicht auch täten! Richtig stromlinienförmig haben meine Schüler gelesen; ob das wohl am Unterricht gelegen hat? [Rhetorische Frage!]
Nachtrag Sommer 2011:
Überall, wo hier „Personifizierung“ steht, sollte es besser „Personifikation“ heißen; dieser Fachbegriff ist so fest eingebürgert, dass die von mir vorgenommene Ableitung des Substantivs vom Verb „personifizieren“ zwar verständlich ist, aber im Deutschen wenig gebraucht wird.
Als Reihenfolge der Behandlung schlage ich die folgende vor (gemäß der Steigerung des Schwierigkeitsgrades bzw. der Komplexität der Bilder):
Ringelnatz: Ein männlicher Briefmark
Busch: Der volle Sack
(Fontane: Rangstreitigkeiten)
Jammes: Ich liebe den Esel
Morgenstern: Der Schaukelstuhl auf der verlassenen Terrasse
Fühmann: Lob des Ungehorsams
Busch: Die Affen
Britting: Hinterm Zaun
Kästner: Im Auto über Land
Krüss: Die Affenschule
Das Gedicht von K. Frank kann entfallen; auch Fontane ist nicht unbedingt nötig. Die Texte aller Gedichte (außer Franck) findet man im Internet; manchmal findet man neben der verlinkten Fassung auch noch andere Textgestalten. Textkritik braucht man in der 6. Klasse aber noch nicht zu betreiben, auch wenn aufgeweckte Schüler sicher dafür Verständnis, vielleicht sogar Spaß daran haben. – P.S. Ich habe ein weiteres wunderbares Gedicht gefunden, das viele Personifikationen aufweist, und das ich auch analysiert habe, Theodor Storm: Sturmnacht.
Parallel zum Unterricht wurde täglich ein kleines Übungsdiktat (s. rechts oben die Kategorie!) geschrieben:
Bildhafte Sprache in Gedichten
1 Wer dichtet, spielt mit der Sprache und freut sich, wenn es ihm gelingt, den Klang und die Betonung der Wörter auszunutzen. Oft sucht ein Dichter auch kunstvolle Wendungen und Vergleiche, um etwas eindrucksvoll zu sagen.
2 Wir wollen jetzt verschiedene Formen bildhaften Sprechens kennen lernen [kennenlernen]: den Vergleich, die Metapher, die Personifikation, das Bild. Wir können untersuchen, was mit diesen Formen im Einzelfall ausgedrückt oder angedeutet wird.
3 Wenn man etwas Unbekanntes vorstellt, kann man es mit etwas Bekanntem vergleichen. Oft soll ein Vergleich helfen, dass man sich etwas bildlich vorstellen kann. Wenn aber der Himmel „wie aus blauem Porzellan“ ist, wird er etwas Wunderbares.
4 Wenn man sagt, eine Lehrerin sei für die Klasse eine richtige Mutter, gebraucht man eine Metapher; man meint, sie sei für die Klasse wie eine Mutter. Man kann also die Metapher als verkürzten Vergleich betrachten.
5 Wenn durch eine Metapher ein Gegenstand oder ein Tier in den menschlichen Bereich gerückt wird, spricht man von einer Personifikation: „Das Auto ruht sich aus.“ Dadurch wird der Abstand zwischen Ding und Mensch oder Tier und Mensch verringert.
6 Wenn gesagt wird, dass das Auto sich ausruht, klingt das eher lustig. Ein Eselchen, das nachdenkt, ist uns dadurch vertraut und nahe. Wenn Menschen in die Nähe der Tiere gerückt werden, kann man sie aber auch als unmenschlich kritisieren.
7 Es kommt also darauf an, dass wir spüren, was die bildhafte Ausdrucksweise jeweils leistet. Dazu prüft man, wie die Wendung sich in normaler Sprache anhört: „Das Auto steht da.“ Man macht also eine Ersatzprobe.
8 Oder man sucht zum Vergleich ein anderes Bild: „Die Lehrerin ist ein Engel.“ Was besagt die eine Metapher im Unterschied zur anderen? Oft ist es hilfreich, das Gegenwort (Antonym) zu bestimmen: „Die Lehrerin ist herzlos.“
9 Bildhaft Gesagtes kann eine besondere Stimmung oder Bewertung enthalten; der Gegenstand oder das Geschehen können anschaulich vorgestellt werden. Dies zu bemerken und richtig auszudrücken ist die Leistung, die du erbringen sollst.
10 Man spricht von einem Bild, wenn bestimmte Sachverhalte anschaulich dargestellt werden. Bilder können etwas bloß andeuten, aber auch vollständig beschreiben. Der Begriff des Bildes unscharf; er ist ein Sammelbegriff für verschiedene Stilmittel.