Uwe Hinrichs, Frank Schneider, die Mehrsprachigkeit: Was man so alles (ab)schreibt

Fangen wir mit Uwe Hinrichs an. Der ist Professor und hat im SPIEGEL (7/2012) einen Aufsatz geschrieben: „Hab isch gesehen mein Kumpel – Wie die Migration die deutsche Sprache verändert hat“ (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-83977255.html). Diesen Aufsatz habe ich auszugsweise in dem Heft „Sprachursprung, Sprachskepsis, Sprachwandel“ der Reihe „EinFach Deutsch“, hrsg. von Frank Schneider (Schöningh, S. 345 f. – mal wieder ohne Quellenangabe!) kennengelernt. Es ist ein Aufsatz, in dem viele Belege fehlen, aber das sei einem SPIEGEL-Essay nachgesehen. Hinrichs, wiewohl Professor, macht da einen wunderbaren Denkfehler: Einerseits spricht er von der Strategie Deutschsprachiger, „die Sprachstrukturen zu vereinfachen, um das Kommunizieren mit Nichtmuttersprachlern zu erleichtern“ (Z. 50-52); später macht er dagegen für Sprachveränderungen die Migranten verantwortlich, welche auf Sprachstrukturen zurückgriffen, „die sie aus ihrer Muttersprache mitbringen“ (Z. 60-62). Dass sich die Wendungen mit „machen“ durch Parallelen im Türkischen erklären ließen (Z. 80 ff.), halte ich für gesucht: Exkanzler Schröder sagte oft, dass etwas (keinen) Sinn mache, und war dabei sicher nicht von türkischen Wendungen inspiriert, eher vom Englischen. Dass sich die Linguisten bei der Erforschung des Sprachwandels zurückhielten (Z. 107 ff.), „wahrscheinlich“ aus Angst vor einer „Diskriminierungsfalle“, halte ich für ein Märchen des Professors Hinrichs – Frank Schneider macht daraus gleich eine Tatsache und fordert die Schüler auf, zu erklären, wieso Sprachwissenschaftler diese Diskriminierungsfalle fürchten. Hinrichs fabuliert dann weiter von der Gelegenheit, zur Erforschung von Sprachkontakten „Deutsche und Migranten in Projekten zusammenzubringen und die Vision einer offenen Gesellschaft mit Leben zu füllen“: April, April…, als wenn die Aachener Linguisten nach Jüchen kämen, um mit Türken Sprach-Projekte in die Welt zu setzen!

Wenden wir uns noch einmal Herrn Schneider zu: In einer „Information“ spricht er von territorialer Mehrsprachigkeit (S. 346); das halte ich für problematisch – vermutlich wäre der Begriff „Ethnolekt“ für den deutsch-türkischen Mischmasch angemessener (https://de.wikipedia.org/wiki/Ethnolekt, schöner gedruckt http://www.linkfang.de/wiki/Ethnolekt). Eine letzte Aufmerksamkeit für Herrn Schneider: Der Hinrichs-Text ist auch in einem Lehrbuch verbraten worden (http://f.sbzo.de/onlineanhaenge/files/de_aufgabenbeispiel.pdf), und zu dessen Aufgabenstellung gibt es sogar eine Lösung im Internet (http://www.cfg-luis.de/Lehrer/RaabeK/Deutsch/Deutsch%20EF/&download=L%C3%B6sungHinrichsPDF.pdf). Ferner gibt es einen Musteraufsatz in einem Klett-Buch, in dem weithin der Hinrichs-Aufsatz ausgeschlachtet wird (http://www2.klett.de/sixcms/media.php/229/350501_BL_07.pdf). Wer hier von wem abgeschrieben hat, lasse ich offen; aber bei den Schulbüchern ist es nicht anders als in der Schule, einer schreibt vom anderen ab.

Hinrichs hat sich nach seinem Essay aufgerappelt und 2013 ein Buch veröffentlicht – vielleicht war der SPIEGEL-Essay aber auch nur ein Abfallprodukt des Buches, an dem er gerade arbeitete? http://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=18787&ausgabe=201402 (Buchbespr. Hinrichs, 2013) http://www.gerder.org.tr/diyalog/Diyalog_2014_1/15_Rezension_Anna_Dasz.pdf (dito) http://www.linguaemundi.info/wp-content/uploads/12.11.Hinrichs_handout_linguae.pdf (handout zum Buch)

Die von Hinrichs zitierte Heike Wiese hatte bereits 2012 ein Buch veröffentlicht (Heike Wiese: Kiezdeutsch: Ein neuer Dialekt entsteht); sie hat viele Arbeitspapiere veröffentlicht, die großenteils bei academia.edu erschienen sind. Ich nenne hier nur zwei Links: https://www.researchgate.net/publication/261402356_Kiezdeutsch_-_ein_neuer_Dialekt_des_Deutschen; https://www.academia.edu/6221299/Kiezdeutsch_ein_neuer_Dialekt.

In einer weiteren Aufgabe hat Herr Schneider die konzeptionelle Mündlichkeit eingeführt, sie aber völlig unzureichend erklärt. In meinem Blog gibt es einen Beitrag über konzeptionelle Mündlichkeit (d.h. so schreiben, wie man im Gespräch agiert); aus zwei Links (http://textlinguistik.pbworks.com/f/Muendlichkeit%20Schriftlichkeit.ppt, http://www.linse.uni-due.de/tl_files/PDFs/ESEL/Tabea_Denter_Passiv.pdf) kopiere ich zur Korrektur des Kollegen Schneider wesentliche Merkmale heraus und erläutere einige Begriffe:

Merkmale konzeptioneller Mündlichkeit:

  • verkürzte Sätze
  • Rektions- und Kongruenzfehler
  • Satzbrüche
  • Interjektionen (Ausrufe)
  • ‚passe-partout‘-Wörter (Wörter, die immer passen)
  • Wortwiederholungen
  • Wortformverschmelzungen
  • umgangssprachliche Ausdrücke
  • Gesprächspartikel
  • und-Verknüpfungen (einfaches Aufreihen)

 

Kommunikative Nähe (bei Mündlichkeit)

– Privatheit

– Vertrautheit

– starke emotionale Beteiligung

– Situations- und Handlungseinbindung

– Referenzbezug auf Sprecher-origo (= „ich“)

– physische Nähe

– maximale Kooperation bei der Produktion

– hoher Grad der Dialogizität

– freie Themenentwicklung

– maximale Spontanität

 

Kommunikative Distanz (bei Schriftlichkeit)

– Öffentlichkeit

– Fremdheit

– keine emotionale Beteiligung

– Situations- und Handlungsentbindung

– kein Referenzbezug auf die Sprecher-origo

– Themenfixierung

– maximale Reflektiertheit

(vgl. Koch; Oesterreicher 2011, S. 10 f.)

Die Schlussbemerkung gilt Herrn Hinrichs: Wenn er mit seinem SPIEGEL-Essay in verschiedenen Lehrbüchern landet, wundert es einen nicht, ihn auch in einem Schulcurriculum zu finden: http://www.sg-guetersloh.de/wp-content/uploads/2015/07/18662_Curriculum_Q1-2_Leistungskurs_neu.pdf. Wenn man einen Aufsatz im SPIEGEL untergebracht hat, hat man anscheinend die Schwelle zur Öffentlichkeit überschritten.

W. von Humboldt: Die Sprache als Weltsicht

1836 erschien posthum Wilhelm von Humboldts Schrift „Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwickelung des Menschengeschlechts“ (http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10904366_00005.html oder https://archive.org/stream/bub_gb_dV4SAAAAIAAJ#page/n7/mode/2up). Daraus wird im diesbezüglichen EinFach-Deutsch-Heft über Spracherwerb usw. ein Textauszug mit der Überschrift „Die Sprache als Weltsicht (1830-1835)“ von knapp 45 Zeilen ohne exakte Quellenangabe präsentiert.

Der Gedanke Humboldts beruht darauf,

  1. dass das Wort nicht ein „Abdruck des Gegenstandes an sich“, sondern von dessen Bild in unserer Seele sei,
  2. dass jede Wahrnehmung subjektiv, also an den eigenen Standpunkt gebunden sei,
  3. dass auf eine Sprache die Subjektivität einer Nation einwirke und deren eigentümliche Weltsicht bestimme,
  4. dass wir in einer Welt von Lauten leben, um die Welt der Gegenstände aufzunehmen und zu bearbeiten.

Der Mensch lebe also im Kreis seiner Sprache, aus dem er nur heraustreten könne, wenn er in den Kreis einer anderen Sprache eintritt; das Erlernen einer neuen Sprache sollte demgemäß „die Gewinnung eines neuen Standpunkts in der bisherigen Weltsicht sein“ – zugleich schränkt Humboldt ein, dass dieser Standpunktwechsel nur begrenzt möglich sei, da man sich von der eigenen Sprache resp. Weltsicht nie ganz lösen könne.

Was in dem Auszug nicht klar genug steht: Humboldts Sicht beruht darauf, dass Sprechen die Tätigkeit eines Subjekts ist; dass Wörter und Sätze also nicht einfach etwas in der Welt Vorgefundenes abbilden, sondern dass im Sprechen erst die Welt mit ihren Dingen subjektiv-objektiv konstituiert wird. Er wendet also sozusagen den Gedanken Kants auf die Sprache an, dass der Mensch mit seinen geistigen Kräften das sinnliche Material erst zu Gegenständen bildet – der Begriff der Subjektivität, des schöpferischen Subjekts ist der Kerngedanke solcher Überlegungen.

Würdigung:

Wilhelm von Humboldt wendet hier die Kantische Philosophie auf die Sprache als Werkzeug der Erkenntnis an. Die Pointe dabei ist, dass er einem „Volk“ (Nationalbewusstsein zu Beginn des 19. Jh.!) „eine gleichartige Subjektivität“ wie dem Individuum zusprechen muss, um eine an die (National)Sprache gebundene eigentümliche Weltsicht vertreten zu können.

Diese Annahme ist problematisch, da wir innerhalb der einen Sprache Dialekte und Soziolekte unterscheiden können – und zudem verschiedene Sprachebenen oder -niveaus, die auch an unterschiedliche soziale Schichten gebunden sind (z.B. „verscheiden – sterben – verrecken“; oder „Antlitz – Gesicht – Fresse“). Die Vorstellung der „Subjektivität einer Nation“ ist ein Kind des im frühen 19. Jahrhundert blühenden Nationalbewusstseins, dem wir nicht nur die Sammlung deutscher Volkslieder und Märchen oder die Freiheitskämpfe gegen Napoleon und das Aufkommen der Germanistik verdanken, sondern später auch viele andere üble Dinge…

Die Belege oder Beispiele im Heft EinFach Deutsch, die Humboldts Theorie stützen sollen, sind ohnehin fragwürdig: Ob ein Engländer heute bei „earn money“ noch an das selbständige Wachsen der Früchte bis zur Ernte denkt, darf bezweifelt werden, und auch „Nasenloch“ ist längst ein fester Begriff, also ein einziges Wort geworden – kein Deutscher denkt mehr an ein richtiges Loch, und kein Spanier meint, er habe in der Nase ein Fenster. Solche Bilder verblassen und werden zu schlichten Namen, die so wenig „bedeuten“ wie die Vornamen Norbert („der im Norden Glänzende“) oder Theodor („Geschenk Gottes“), die nur noch eine Person bezeichnen und identifizieren,

Zu Humboldts Theorie: S.J. Schmidt: Denken und Sprechen bei Wilhelm von Humboldt (http://www.gleichsatz.de/b-u-t/trad/humb2.html); O.F. Bollnow: Die Sprache als Weltsicht (http://www.gleichsatz.de/b-u-t/spdk/boll1.html).

Wir wollen zum Schluss dem Herausgeber des EinFach-Deutsch-Heftes unseren Respekt erweisen: Er reduziert knapp 500 Seiten Humboldt auf gut 44 Zeilen. Im Ernst – wieso muss man 45 Zeilen Humboldt (ohne Beschreibung des Kontextes!) lesen (mit zwei unklaren Stellen: Der Satz „Diese Ausdrücke überschreiten auf keine Weise das Maß der einfachen Wahrheit“ ist nicht verständlich, unklar ist auch die Vorstellung „die Gewinnung eines neuen Standpunkts in der bisherigen Weltsicht“; ich verzichte hier auf eine Begründung für meine These der Unklarheit), wenn man das Ganze mit eigenen Worten in 10-20 Zeilen sagen kann? Ob die Schüler durch die Lektüre der Humboldt-Zeilen wohl Anteil an der klassischen deutschen Bildung gewinnen?

 

Mehrsprachigkeit

Wenn man „Mehrsprachigkeit“ in der Suchmaschine eingibt, wird man überrascht, wie viele Institutionen und Vereine sich mit dem Thema befassen: Mehrsprachigkeit ist eine gesellschaftliche Realität in Deutschland, die auch deshalb zum Problem geworden ist, weil wir es politisch versäumt haben, anders als mit der naiven Forderung „Bitte alle Deutsch lernen – Deutschland ist kein Einwanderungsland!“ darauf zu reagieren. Insofern ist es zu begrüßen, dass Mehrsprachigkeit in der Vorbereitung aufs Abitur 2017/18 in NRW ein verpflichtendes Thema ist.

Ich habe bei google und ixquick jeweils die ersten 50 Links durchgesehen:

http://www.dgs-ev.de/fileadmin/bilder/dgs/pdf-dateien/broschuere_12.pdf (Sprachentwicklung bei Mehrsprachigkeit: wie Kinder mehrere Sprachen erwerben, wie sich Sprachentwicklungsstörungen bei mehrsprachigen Kindern ausdrücken, wie man Kinder im Sprachenerwerb unterstützen kann)

http://www.shlr.ch/media/downloads_sal/brosch%C3%BCre%20mehrsprachig%202012%20web.pdf (ähnlich)

http://www.zeit.de/2015/47/mehrsprachigkeit-kinder-vorteile (Reportage über Berliner Kita)

http://www.sueddeutsche.de/muenchen/erziehung-kinderleicht-1.2813614 (ähnlich)

https://www.foermig.uni-hamburg.de/pdf-dokumente/spracherwerb.pdf (Spracherwerb zweisprachig aufwachsender Kinder – ausführlich, mit Fazit am Ende jedes Kapitels)

https://www.frankfurt.de/sixcms/media.php/738/Mehrsprachigkeit_2012.pdf (Mehrsprachigkeit: Aktionen und Projekte in der Schule – praktische Anregungen, eher für Lehrer?)

https://de.wikipedia.org/wiki/Mehrsprachigkeit (unausgewogen)

http://www.welt.de/wissenschaft/article13621609/Mehrsprachigkeit-verschafft-geistigen-Vorsprung.html („Wissen“: Mehrsprachigkeit – pauschal: ihre Vorteile)

http://www.welt.de/wissenschaft/article154185581/Wie-Mehrsprachigkeit-unser-Gehirn-veraendert.html („Wissen“: Wie Mehrsprachigkeit unser Gehirn verändert – pauschal: ihre Vorteile)

http://www.tagesspiegel.de/wissen/position-deutschlands-zukunft-ist-mehrsprachig/11183286.html (Plädoyer für Mehrsprachigkeit ->analysieren?)

http://www.nzz.ch/warum-englisch-allein-als-wissenschaftssprache-nicht-genuegt-1.5247130 („Englisch allein als Wissenschaftssprache genügt nicht“: Artikel der NZZ, kann bei Ixquick unter „Anonym öffnen“ geöffnet werden. – Ähnlich: http://www.baukammerberlin.de/2015/01/warum-englisch-allein-als-wissenschaftssprache-nicht-genuegt-vielfalt-statt-einfalt/)

http://paedagogik-news.stangl.eu/233/mehrsprachigkeit-chance-oder-risiko (Mehrsprachigkeit: Chance oder Risiko?)

https://www.bmbf.de/pub/Sprachenvielfalt.pdf (Broschüre des bmbf)

http://www.fmks-online.de/download/FMKS-Ich_kann_viele_Sprachen_lernen.pdf (Broschüre des Vereins fmks: Ich kann viele Sprachen lernen; Plädoyer für Immersion: Die Fremdsprache ist dabei immer mit Aktivitäten und Inhalten verknüpft, die für die Lernenden bedeutungsvoll und interessant sind.)

http://www.verband-binationaler.de/mehrsprachigkeit/ (Verband binationaler Familien und Partnerschaften: mehrere Broschüren)

https://www.vhs-braunschweig.de/vhshdf/dialogwerk/PDF/Praesentation-Kuepelikilinc.pdf (Thesenartig: Mehrsprachigkeit als Schatz, mit der kleinen Raupe Nimmersatt und praktischen Tipps zum Schluss)

http://home.edo.tu-dortmund.de/~hoffmann/ABC/ABC_Zuwand.html (Kleines A-B-C: Migration und Mehrsprachigkeit; viele Artikel, wichtig ist „Bilingualismus“)

http://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs/DJI_Multikulti_Heft2.pdf (Dokumentation einer Tagung 1999 des DJI: Mehrsprachigkeit im multikulturellen Kinderleben)

https://www.testdaf.de/fileadmin/Redakteur/PDF/Forschung-Publikationen/Mehrsprachig_Zimm_Rupp.pdf (Symposion 2012: Mehrsprachig in Wissenschaft und Gesellschaft)

http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D24596.php (Historisches Lexikon der Schweiz: „Mehrsprachigkeit“)

http://europa.eu/pol/mult/index_de.htm (Mehrsprachigkeit in der EU)

http://www.europarl.europa.eu/aboutparliament/de/20150201PVL00013/Mehrsprachigkeit (Mehrsprachigkeit im Europ. Parlament)

http://www.iaf-bremen.de/projekte/mehrsprachigkeit.html (Links: News und Tipps zum Thema Mehrsprachigkeit)

https://www.foermig.uni-hamburg.de/bildungssprache/mehrsprachigkeit.html (Uni Hamburg: Kompetenzzentrum…: Literaturhinweise)

Vgl. auch den Kommentar 

http://www.welt.de/debatte/kommentare/article154229289/Wie-Fluechtlinge-die-deutsche-Sprache-veraendern.html

Zentralabitur Deutsch NRW 2015, Gk – 3. Thema

Grundkurs Deutsch, 3. Thema:

  1. a) Einen Auszug aus J. Trabant: Mehrsprachigkeit, die bildet (60 Zeilen), im Hinblick auf die Position des Verfassers [woraufhin denn sonst!?] analysieren; b) dabei auch Aufbau und rhetorische Gestaltung der Argumentation berücksichtigen.
  2. Zitat aus dem Text: „Hermeneutische Sprachkompetenz ist ein Bemühen um das Verstehen des Anderen und ein Anerkennen der Anderen in ihrer Andersheit.“
  • Diese Aussage erläutern
  • und an Beispielen veranschaulichen.
  • Sich mit der Frage auseinandersetzen, ob der Erwerb hermeneutischer Sprachkompetenz eine Zielvorstellung für das Erlernen von Fremdsprachen sein sollte.
  • Kritisch zu Trabants Behauptung Stellung nehmen, Bildung sei an das Erlernen einer dritten Sprache gebunden.

Kommentar:

Wenn man sorgfältig arbeiten soll, genügt die 1. Aufgabe; allenfalls die beiden ersten Teilaufgaben der 2. Aufgabe könnte man noch zulassen. Der Textauszug bleibt jedoch teilweise unverständlich, weil „die gesuchte Mehrsprachigkeit, die bildet“ (Z. 20 f.) offensichtlich zuvor von Trabant behandelt worden ist, aber nicht erklärt wird: eine klassische Schwäche der Abituraufgaben, in denen bei Textauszügen die Beschreibung des Kontextes fehlt – Trabants Erläuterung der „Mehrsprachigkeit, die bildet“ muss man jedoch zum Verständnis und zur Diskussion des Textes kennen.

Das vorliegende Zitat Trabants zeugt von sprachlicher Schlamperei: Eine Kompetenz ist kein Bemühen und kein Anerkennen, sondern eine Fähigkeit (kann zum Bemühen führen…). Im Zitat gibt es einen Z-Fehler: Der Schlusspunkt des Satzes gehört ins Zitat. – Die dritte Teilaufgabe der 2. Aufgabe regt zu einem sinnlosen Schwätzen an: als ob Schüler die Zielvorstelllungen des Erlernens von Fremdsprachen in 15 Minuten sinnvoll diskutieren könnten! Wieso man dann (4.) zu etwas kritisch Stellung nehmen soll, was man bereits erläutert und durch Beispiele veranschaulicht (also begründet) hat, weiß der Kuckuck – wieder eine Anleitung zum Schwafeln.

Die Konstruktion des 3. Themas ist misslungen; mangelhaft.

P.S.

Was in der Lösungserwartung zum Argumentationsgang steht, liegt unter dem Niveau meines früheren Unterrichts (Absatz 1-3); für Absatz 1 kommt man nicht ohne den Begriff der Unterscheidung aus, „Einführung“ ist ein hilfloses Allerweltswort. Abgesehen davon heißt es „Absatz“, nicht „Abschnitt“ (ein Abschnitt kann auch mehrere Absätze umfassen). In Absatz 3 liegt keine Problematisierung vor, sondern es wird gezeigt, wie sich das Prinzip der kommunikativen Kompetenz auswirkt. – Eine auffällige Verwendung der Pronomina „wir“ und „man“ kann ich nicht entdecken; nur „ich“ fällt auf.