Textfunktionen und Sprechakte

http://de.wikipedia.org/wiki/Textfunktion, kurze Definition und Aufzählung der fünf Grundfunktionen Brinckers (im Anschluss an Searles Klassifizierung der Sprechakte, s.u.), mit Ergänzung:

  • Information

  • Appell

  • Obligation (Selbstverpflichtung)

  • Kontakt (soziale Funktion)

  • Deklaration

Weiterhin wären die Fixierung von Normen, beispielsweise in Gesetzestexten, und die unterhaltende Funktion von Texten zu nennen.

http://www.glottopedia.org/index.php/Textfunktion, ausführlicher, hat ebenfalls die fünf Funktionen Brinkers (kurz erklärt, mit Beispielen)

http://134.96.85.107/html/fileadmin/user_upload/projekte/TextLern/Textwissentexte/2_2_Ebene_3_Textfunktion.doc, noch differenzierterer, ebenfalls Brinkers Liste

http://www.slm.uni-hamburg.de/ifg1/Personal/Schroeder/Seminarmaterial/WS-06-07/Sem_II/II_Textlinguistik.pdf: kurze Einführung in die Textlinguistik, ebenfalls die fünf Typen Brinkers

http://germanistischelinguistik4.pbworks.com/f/Textfunktionen+1.ppt, mit Einführung; Bühlers und Brinkers Schema, Information und Appell werden ausführlicher erklärt

http://m.schuelerlexikon.de/eng_abi2011/Textfunktionen.htm, nennt sechs Textfunktionen: narrativ, deskriptiv, expositorisch, argumentativ, instruktiv, appellativ – die heißen sonst Texttypen, vgl. die folgende Datei:

http://www.cl.uni-heidelberg.de/courses/archiv/ws06/ecl/referate/montag/r_s82.pdf, unterscheidet Textfunktionen (nach Brinker) und Texttypen

http://www.uni-hildesheim.de/~caroli/lehre/hypertext/hypert_texttypologie_130504.pdf, bietet neben Brinkers Typologie weitere Listen

http://gymbasis.ch/moodle/Deutsch/Leseverstaendnis/Ueberblick/textfunktion_intention_eines_textes.html, hat nur die drei Grundfunktionen Bühlers (veraltet)

Die Duden-Grammatik (6. und 7. Aufl.) unterscheidet

  • Informationsfunktion

  • Appellfunktion

  • Obligationsfunktion

  • Kontaktfunktion

  • Deklarationsfunktion

  • Unterhaltungsfunktion (ästhetische Funktion)

    Ulrich Engel: Deutsche Grammatik – Neubearbeitung, 2. Auflage 2009, nennt als dominierende Textziele, jeweils mit Beispielen:

  • Informieren (Bericht, Protokoll, Hinweisschild…)

  • Veranlassen (Befehl, Verbotsschild, Rechnung…)

  • Überzeugen (Wissenschaftliche Abhandlung, Plädoyer, Werbetext…)

  • Belehren (Lehrbuch, Stadtführer, Gebetbuch…)

  • Kontaktpflege (Privatbrief, Plauderei, Lobrede…)

  • Emphase-Abbau (Schimpfen, Fluchen; Lyrik u.a.)

http://de.wikipedia.org/wiki/Sprechakttheorie, mit Referat der Sprechakttypen nach Searle:

Repräsentativa 

(auch Assertiva, Assertive genannt) sind Sprechakte wie: feststellen, behaupten, berichten, aussagen, schließen usw. Gemeinsam ist diesen, dass der Sprecher durch sie „auf die Wahrheit oder Falschheit der in der Äußerung zum Ausdruck gebrachten Proposition festgelegt wird“. Assertiva „verpflichten den Sprecher zur Wahrheit der ausgedrückten Proposition“.

Direktiva oder auch Direktive Sprechakte

ein Sprecher verpflichtet seinen Hörer auf die Ausführung einer Handlung. Direktive Sprechakte werden durch direktive Verben festgelegt: auffordern, bitten, befehlen, alle Verben im Imperativ.

Kommissiva oder auch Kommissive Sprechakte

ein Sprecher verpflichtet sich zur Ausführung einer zukünftigen Handlung. Kommissive Sprechakte werden durch kommissive Verben festgelegt: versprechen, geloben, schwören, drohen, etc.

Expressiva oder auch Expressive Sprechakte

in denen ein Sprecher seinen psychischen Zustand zum Ausdruck bringt und sich dabei gesellschaftlicher „Aufrichtigkeitsregeln“ bedient. Expressive Sprechakte werden durch expressive Verben festgelegt: danken, gratulieren, entschuldigen, kondolieren, etc.

Deklarativa oder auch Deklarative Sprechakte

bei denen, auf der Grundlage einer bestimmten sozialen Institution (z. B. Schule, Kirche, Ämter etc.) ein bestimmter Zustand hergestellt wird. Deklarative Sprechakte werden durch deklarative Verben festgelegt: taufen, ernennen, zurücktreten, etc.

Fazit: Alle diese Vorschläge bezeugen, dass sich das menschliche Sprechen nicht exakt in einem sauber konstruierten System unterbringen lässt; die Listen stellen relativ gut gelungene Versuche einer Systematisierung dar. Auf sie gestützt sieht man, wie willkürlich frühere Versuche waren, „die wesentlichsten“ Sprachverwendungsarten zu bestimmten. So unterscheidet Christa Heilmann (Denk-Sprech-Vorgang, in: Einführung in die Sprechwissenschaft, hrsg. von Heinz Finkowski u.a., Leipzig 1982, 3. A., S. 154 ff.) das Informieren und das Aktivieren als Grundtypen der Kommunikationsabsichten. Denen ordnet sie als die wesentlichen Sprachverwendungsarten zu: Erzählen, Berichten, Beschreiben; Beurteilen, Definieren, Referieren, Kommentieren (mit Interpretieren als Sonderform). Die Schwächen dieses Systems sind offenkundig, bereits in sich (Referieren gehört zum Informieren, allenfalls Beurteilen und evtl. Kommentieren gehört zum Aktivieren; Definieren gehört nirgendwo hin), erst recht im Vergleich mit den Grundfunktionen des Textes oder mit Searles Liste der Sprechakte.
Für den Deutschunterricht sind die Systematisierungen Quellen der Anregung: Was müssen Schüler der Sekundarstufe verstehen, damit sie von den bloß inhaltlichen Paraphrasen wegkommen? Was müssen die Autoren der Deutschbücher lernen, damit sie endlich linguistisch fundierte Konzepte des Deutschunterrichts entwerfen können? Ach, und in diese Datei könnte man auch mal schauen, da kriegt man einen ganz neuen Blick auf die Sprechakte und darauf, womit man sich im Deutschuntericht auch mal beschäftigen könnte.

Sprachliches Handeln / Sprechakte

Sprachliches Handeln – eine kurze Einführung (zugleich Skizze eines planmäßigen Unterrichtens im Analysieren und Verfassen von Sachtexten, früher „Aufsatzunterricht“ genannt)

Was sich kompliziert anhört, ist in Wirklichkeit einfach – und wir kennen es alle: Wenn der Lehrer zu Anja sagt: „Anja, du bist eine tüchtige Rechnerin.“, dann hat er Anja gelobt. Dass er mit seiner Äußerung Anja lobt, ist sein sprachliches Handeln (Sprechakt) in diesem Moment. Solche sprachlichen Handlungen durchziehen den ganzen Tag unser Leben: Wir begrüßen einander, erzählen Witze zur Unterhaltung, beschweren uns, fragen und antworten, vertrösten Bittsteller und trösten die traurige Freundin …

Es gibt nun einige Akte sprachlichen Handelns, die wir nicht immer genau bezeichnen, die aber im Leben wie im Deutschunterricht eine so große Rolle spielen, dass wir die Begriffe ganz exakt fassen müssen (s. rechte Spalte):

Was steht an?          Was will (soll) der Hörer?        Was tut der Sprecher?

1. Daten                               etwas wissen                            mitteilen

2. eine Abfolge                   etwas wissen                            berichten

zusammenhängender

Ereignisse                        unterhalten werden                       erzählen

3. eine Menge

von Phänomenen;                sich vorstellen                         beschreiben

ein Einzelding

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4. Problem, un-                     verstehen                                   erklären

bekannte Zusammenhänge

5. Stellungnahme             bejahen / ablehnen                        bewerten

6. eine Handlung              etwas leisten, tun               [auf]fordern (bitten, werben)

7. eine Maßnahme                  mitmachen                             vorschlagen

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8. „Streit“, Unklarheit         überzeugt werden                  argumentieren, erörtern

Widersprüche

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Es werden hier einzelne Handlungen des Sprechers identifiziert – nur grundsätzlich, versteht sich: Man kann auch durch Drohungen jemanden zum Mitmachen bewegen. – Aus dem Hörer wird der Sprecher, wenn die Gesprächsrollen wechseln.

Es geht darum, verschiedene sprachliche Handlungen (des „Sprechers“) als solche zu begreifen; dazu wird aufgeführt, worauf diese Handlung beim Hörer hinauslaufen soll, was ihr Ziel ist. Und zu Beginn wird gesagt, was ansteht, worum es „inhaltlich“ geht.

Die Handlungen des Berichtens, Erzählens und Beschreibens sollten bis Klasse 7 richtig eingeübt sein, die anderen teilweise; um das Training des Erklärens, Bewertens usw. geht es in den folgenden Jahren; ferner muss das Vergleichen und das Sortieren (gliedern) geübt werden, und den krönenden Abschluss bilden das Argumentieren und Erörtern.

Christa Heilmann hat (in dem Sammmelband „Einführung in die Sprechwissenschaft“, hrgs. von Heinz Finkowski u.a., Leipzig 3. Auflage 1982, S. 158 ff.) unter der Überschrift „Denk-Sprech-Vorgang“ folgende Sprachverwendungarten in der Äußerung unterschieden:

  • Erzählen (mündliche Wiedergabe eines einmaligen Ereignisses, Vorfalls oder Geschehens)
  • Berichten (über einen einmaligen, selbstbeobachteten Vorgang; wahr, konkret und geordnet)
  • Beschreiben (auf wiederholbare Vorgänge, Gegenstände und Zustände gerichtet; deren wichtigste Eigenschaften und Merkmale herausarbeiten)
  • Beurteilen (bewertende Einschätzung eines Sachverhalts oder einer Leistung nach wesentlichen Merkmalen)
  • Definieren (alle wesnetlichen Merkmale und seiten eines Begriffs sprachlich dicht und dennoch eindeutig erfassen)
  • Referieren (vermittelnde Informierung von dem Hörer/Leser nicht zugänglichen Dokumenten oder Texten)
  • Kommentieren (Ursachen, Beziehungen und historische Zusammenhänge von Ereignissen oder Sachverhalten präsentieren)

P. S. Eine interessante Seite zur Gesprächsanalyse ist übrigens https://www.tu-chemnitz.de/phil/ifgk/germanistik/gf/; man kann sich als Gast anmelden und dann im Programm arbeiten.

Sprechakte – sprachliches Handeln

„Oft ist schon viel geholfen, wenn ihr freundliche Worte findet, denn Worte können verletzen – oder helfen.“ (Max von der Grün) Natürlich weiß das jeder, weshalb ich auch auf das Zitieren eines Autors verzichten könnte – aber es zu denken ist schon etwas schwieriger. Was zu denken? Dass man mit Worten etwas tun kann; denn genau genommen verletzen nicht die Worte, sondern der Sprecher verletzt einen anderen mit seinen Worten. Damit sind wir beim Begriff des sprachlichen Handelns bzw. des Sprechaktes.
Wenn es ins Begriffliche geht (hier nach Searle), also theoretisch wird, klingt das (komplizierter) so: Der Sprechakt sei die elementare Einheit sprachlicher Kommunikation; man bezeichne damit eine sprachliche Äußerung, mittels derer in einer Situation sozial etwas getan wird, indem zwischen den Kommunkationspartnern zweiseitige Beziehungen hergestellt werden.
Einfacher gesagt und noch einmal am Beispiel (1) demonstriert:
(1) Astrid steht mit Benno am Straßenrand und sagt zu ihm, als sie gerade die Straße überqueren wollen: „Da kommt ein Auto!“
* Erklärung: Damit warnt Astrid ihren Benno vor einer Gefahr; sie hält ihn davon ab, ohne Überlegung loszugehen.
* Analyse:
– Situation ist: ‚Astrid steht mit Benno am Straßenrand und sagt zu ihm, als sie gerade die Straße überqueren wollen‘
– Astrid macht den Mund auf und sagt einen deutschen Satz (Äußerung): Dies ist ein Akt des Sprechens, ein lokutiver Akt.
– Rein inhaltlich spricht Astrid die Tatsache aus, dass sich ein Auto nähert: Dies ist der propositionale Akt [oder der propositionale Aspekt des Sprechaktes].
– Astrid möchte den Benno warnen, also auf ihn kommunkativ einwirken: Dies ist der illokutionäre Akt; dies kann sprachlich glücken (oder nicht – aber da Astrid gut Deutsch kann, glückt ihr dieses Warnen).
– Benno lässt sich von Astrid warnen. Dies ist der perlokutive Akt; Astrid hat mit ihrer Äußerung ihr Ziel erreicht, die Warnung ist bei Benno „richtig“ angekommen, also gelungen.
– Man kann also bei dem einen Sprechakt vier Aspekte oder Akte unterscheiden.
Am Beispiel (2) kannst du die Theorie noch einmal durchspielen:
(2) Chris sitzt mit Daniela auf einer Parkbank und hält zum ersten Mal ihr Händchen; dabei sagt er: „Du hast mir schon immer gefallen.“ [Wahlweise kannst du hier auch andere Äußerungen einsetzen.] Frage: Werden sie sich gleich küssen?
Weitere Hinweise:
* Mit den Pronomina der 1. und 2. Person (ich, wir, du, ihr, mein, unser, dein, euer) und Hinweisen auf die Situation der Gesprächspartner (hier, jetzt, gestern, dort usw), also den deiktischen Elemente (von griech. deiknymi: ich zeige auf etwas) wird direkt auf außersprachliche Sachverhalte der Situation Bezug genommen oder auf diese verwiesen; sie sind für die pragmatische Untersuchung einer Äußerung oft wichtig.
* Man unterscheidet verschiedene Möglichkeiten, eine Äußerung bzw. ihre Elemente zu untersuchen:
– syntaktisch: Ich interessiere mich für die Regeln, nach denen die Zeichen (Wörter) miteinander kombiniert werden.
– semantisch: Ich achte vor allem auf die Beziehungen zwischen den Zeichen und den Gegebenheiten der Welt, auf die sie verweisen (‚Bedeutung der Zeichen‘).
– pragmatisch: Ich untersuche, was der Sprecher mit seiner Äußerung tut (oder tun will).
* Verben, mit denen man Sprechakte bezeichnet, heißen performative Verben (drohen, versprechen usw.); mit ihnen kann man den Sprechakt selbst unter bestimmten Bedingungen vollziehen („Ich verspreche dir…“; nicht aber: „Er versprach mir…“, das ist nur ein Bericht.).
* Achte also immer, wenn du Sprechakte verstehen willst, darauf, wer die sprachlich handelnde Größe ist; das ist bei Gedichten und Dramen nicht der Autor, sondern der jeweilige „Sprecher“! Bei Aufsätzen und Sachbüchern ist es dagegen der Autor, bei Erzählungen und Romanen wiederum der Erzähler; man darf also bei fiktionalen Texten den Erzähler, das lyrische Ich oder eine Dramenfigur nicht mit dem Autor verwechseln!
* Beachte auch den Unterschied zwischen dem illokutiven und dem perlokutiven Akt: Ein bestimmte Wirkungsabsicht muss nicht erfolgreich sein, wie du aus eigener Erfahrung weißt – du beachtest oft genug die Mahnungen deiner Eltern nicht! Ob also ein sprachliches Handeln erfolgreich ist, ob der Sprecher sein Ziel erreicht hat, muss man empirisch feststellen. Überspiele deshalb auch in deinen literarischen Analysen diese Einsicht nicht!
* Es dürfte jetzt auch klar sein, dass ein bloße Reproduktion oder Umschreibung des „Inhalts“ (propositionaler Akt) niemals als Analyse genügt und auch nicht bezeugt, dass du als Leser etwas verstanden hast! Du kannst Verständnis nur durch Analyse der illokutiven Akte (bei Dramen zusätzlich: der perlokutiven Akte) nachweisen.

Noch ein Versuch zu erklären, was sprachliches Handeln ist:
In Brechts „Leben des Galilei“ sagt der sehr alte Kardinal zu Galilei: „So, sind Sie das? Wissen Sie, ich sehe nicht mehr allzu gut, aber das sehe ich doch, daß Sie diesem Menschen, den wir seinerzeit verbrannt haben – wie hieß er doch? – auffallend gleichen.“ (es 1, S. 61 f.)
Ich frage jetzt nicht: Was sagt der Kardinal? Das kann jeder Schüler des vierten Schuljahrs mehr oder weniger fehlerfrei lesen und auch „inhaltlich“ verstehen. Ich frage vielmehr: Was tut der Kardinal, indem er dies zu Galilei sagt? Er droht ihm mit dem Verbrennen. Woher weiß ich das? Der Kardinal sagt, dass Galilei dem einst verbrannten Giordano Bruno auffallend gleiche; damit will er jedoch nicht ausdrücken, dass er ihm den Frisör oder Schneider Giordanos empfehle – er sagt ja ausdrücklich, dass er nicht mehr gut sehen könne. Das Gleichen wird damit von der körperlichen Statur auf die Person selbst und ihr Agieren verlagert: Galilei ist ein Ketzer, darin gleicht er ihm, deshalb droht ihm dann auch das gleiche Schicksal wie Giordano; resp. der Kardinal droht es ihm an.
Man kann diese Überlegung schon auf der Grundlage des Bühlerschen Organon-Modells verstehen: Neben dem Inhaltsaspekt gibt es den Aspekt, dass man dem anderen etwas von sich (Ausdruck) signalisieren will und etwas für ihn (missverständlich Appell genannt): Von sich signalisiert der Kardinal, dass er Macht hat oder zu einer Organisation gehört, die Macht über Leben und Tod besitzt; den Galilei betreffend deutet er an, dass ihn das gleiche Schicksal wie den Giordano treffen kann, weil er diesem ja gleicht. Die beiden letzten Aspekte der Äußerung (ich habe Macht – mein lieber Freund, du gleichst Giordano, d.h. dich erwartet dessen Schicksal) nennt man zusammen: drohen.
Das Drohen geschieht auf der Beziehungsebene, indem inhaltlich (Inhaltsebene) in dieser Situation vom Kardinal gegenüber Galilei diese Äußerung getan wird; man muss also die Situation (Streit um das richtige Weltbild, Kampf mit allen Mitteln) und die Position der Figuren (Kardinal als Machthaber – Galilei als eigensinniger Forscher) kennen und beachten, um zu verstehen, was in der Äußerung geschieht; durch die Reproduktion des Inhalts erfasst man sie jedenfalls nicht.

Sprechakte – eine kurze Gliederung
1) nach Grammatik der deutschen Sprache Bd. 1 (von Gisela Zifonun u.a.), 1997, S. 98 ff:

A Transfer von Wissen
fragen – aussagen
aussagen: behaupten und begründen
aussagende Textarten: erzählen, berichten, beschreiben

B Koordination von Handlungen
auffordern – zusichern
zusichern: versprechen, Vertrag schließen, ankündigen

C Ausdruck von Empfindungen
ausrufen – wünschen
[Hier fehlen die Empfindungen für andere – alle Formen des Teilnehmens!]
[Für die Grammatik der dt. Sprache, 1997, sind natürlich schlauere Wörter erfunden worden; ich habe sie vereinfachend rückübersetzt.]

2) nach Ulrich Engel: Deutsche Grammatik – Neubearbeitung. 2, durchgesehene Auflage 2009, S. 35 ff.:

A] Auf den Partner bezogene Sprechakte:
1. Akte des Mitteilens:
* etwas mitteilen [im engeren Sinn]
* jemandem zustimmen
* etwas ablehnen
– eine Forderung zurückweisen
– einer Behauptung widersprechen
– eine Äußerung korrigieren
* eine Äußerung intensivieren
* eine Aussage ausweiten (verallgemeinern)
* eine Aussage einschränken
* eine Äußerung kommentieren
* eine Aussage paraphrasieren
* Kontakt zum Hörer herstellen oder überprüfen
2. Akte zum Ausgleich sozialer Spannungen:
* jemandem danken
* sich bei jemand entschuldigen
* den gerade geäußerten Dank (bzw. die Entschuldigung) aufheben
* eine Äußerung billigen
* jemandem gratulieren
* jemandem kondolieren
3. Personen festlegende Sprechakte:
a) den Sprecher festlegend:
* etwas versprechen
b) den Partner festlegend:
* jemanden zu etwas auffordern
* jemanden zu etwas autorisieren
* jemandem zu etwas raten
* jemandem etwas vorwerfen
* jemanden beschimpfen
* jemanden vor etwas warnen
* jemand etwas fragen (viele Arten)
c) Sprecher und Partner festlegend:
* jemandem etwas anbieten
* jemand mit etwas drohen
* den Kontakt zu jemand umgrenzen
– grüßen
– anreden
– vorstellen
– Adresse angeben
– Absender nennen
d) beliebige Personen festlegend:
* etwas wünschen
* etwas vorschlagen
* etwas ankündigen

B] Auf den Sprecher bezogene Sprechakte:
* Unlust oder Unmut äußern (schimpfen)
* Überraschung äußern
* resignieren

Um ein anderes Beispiel zu nennen: In der Grammatik der deutschen Sprache (von Lutz Götze und E.W.B. Hess-Lüttich, Bertelsmann, S. 540) werden allein für das Auffordern folgende Möglichkeiten, dies zu tun, aufgeführt:
fragen, bitten, drohen, feststellen, ausrufen, ironisch kommentieren, Vorwürfe machen, raten, empfehlen, sich wundern, sich etwas wünschen…
Man beachte, dass die Liste mit drei Pünktchen endet!

Vgl. http://www-user.uni-bremen.de/~schoenke/lg-edu/tlgv4.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Sprechakttheorie
http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/fileadmin/Redaktion/Institute/Germanistik/AbteilungI/Busse/Texte/Busse-UP-1991-01.pdf (umfangreicher) oder http://www.germanistik-kommprojekt.uni-oldenburg.de/sites/1/1_03_3.htm (knapp, Teil eines Programms)
http://www.glottopedia.de/index.php/Sprachliches_Handeln sowie https://norberto68.wordpress.com/2011/05/31/heringer-ohlschlager-strecker-wimmer-einfuhrung-in-die-praktische-semantik-1977/