Macken schriftlicher Darstellung – eine Parodie

Arthur Bimmel in Klammern

Ein Wort in „Strichen“ angeführt,
heißt, dass Beachtung ihm gebührt.

Man schreibt sie vor dem Worte drunten;
seht so: „Anführungsstriche unten!

Der eine schätzt „Anführungszeichen“,
der andere liebt zu unterstreichen!

Ihm hat zur eignen „Freudbereitung“
fast jedes dritte Wort Bedeutung:

Es wird, Gott weiß, aus was für Schlichen,
fast jedes Wort dick unterstrichen!

Ein drittes Beispiel: Artur Bimmel
hat einen wahren Klammernfimmel!

[Das heißt: er schreibt (es ist zum Jammern!)
fast jedes (dritte) Wort in Klammern!]

Er kann (wie wir es hier probieren)
mit Klammern gradezu jonglieren!

Er wird dereinst (ich will drauf wetten!)
in Klammern sich zur Ruhe betten,

[wenn er an Klammern-Spleen gestorben,
in Klammern sich den Tod erworben!

Dann erst hat er vor Klammern Ruh!
<Ausrufungszeichen! (Klammern zu!)>]

Eduard Müller-Binz (1899 – ?)

Parodieren, Parodie schreiben (mit Beispielen)

Man parodiert etwas, wenn einem bestimmte Inhalte in ihren spezifischen Ausformungen zum Hals heraus hängen. So wird durch genervten Kirchenbesucher im Bistum Aachen „Großer Gott, wir loben dich…“ umgeformt in „Großer Gott von Lobberich…“ [für Ortsunkundige: Lobberich ist ein Dorf am Niederrhein]. In unserer Familie haben wir ein Weihnachtslied umgeformt (weil ich das fromme Gedudel nicht mehr hören konnte):
„Die redlichen Hirten stehn kniend davor,
hoch oben pupst jubelnd der Engelein Chor.“
Das geht auch bei Schlagern prima: „Der Junge mit dem Hund von Monika…“, „Es hängt ein Büstenhalter an der Wand…“ (Parodie von „Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand“) bzw. „Es hängt ein Autoreifen an der Wand“.
So haben Eichendorff und Herwegh schon Goethes „Nachtgesang“ parodiert, so kann man Benn und Bloch wegen ihrer sprachlichen Eigenheiten leicht parodieren. Brecht hat mit „Großer Dankchoral“ das Te Deum parodiert, seine ganze „Hauspostille“ ist eine Parodie kirchlicher Formen und Riten.
Vor gut zehn Jahren stand in der ZEIT eine Parodie der Warnungen vor Drogensucht, in der berichtet wurde, wie eine Frau nach Waschmitteln süchtig wurde, und vor dieser Waschmittel-Sucht gewarnt wurde.

Weil es so schön ist, ein Beispiel, das ich in der Schule gelernt habe:

„Ich bin klein,
mein Herz ist rein,
ich schlaf allein –
muss das sein?“
(von Christina, die so ihre Oma aus Ratheim zitierte)

Idee: im Deutsch- oder Literaturunterricht Parodien schreiben

Beispiele einer Parodie der wikipedia:

http://www.stupidedia.org/stupi/Hauptseite

http://de.uncyclopedia.org/wiki/Hauptseite

http://kamelopedia.mormo.org/index.php/Kamelopedia:Hauptseite

(vgl. http://www.netzeitung.de/internet/917817.html)

Ich würde übrigens eine Parodie als Sonderform der Satire betrachten, wobei die Kritik durch die (überprägnante) Nachahmung bestimmter Merkmale der Form der kritisierten Vorlage (oft mit einer Trivialisierung oder „Verblödung“ des Inhalts verbunden) geübt wird.

Fortsetzung 2013 (weitere Beispiele, Theorie der Parodie):

http://www.fernuni-hagen.de/EUROL/termini/welcome.html?page=/EUROL/termini/6231.htm

Kästner: Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn? (-> Goethe: Mignon)

Kästner: Der Handstand auf der Loreley (-> Heine: Ich weiß nicht, was soll es bedeuten)

http://www.erlangerliste.de/parodie/lenore.html (große Sammlung)

http://de.wikisource.org/wiki/Parodien (Sammlung von Beispielen)

http://www.litipedia.de/artikel/parodie (Definition)

http://www.erlangerliste.de/vorlesung/parodieII2.html (Theorie)

(vgl. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Parodie)

Noch ein schönes Beispiel:

Alexander Nitzberg: Der Bonbononkel aus Unterrath

Der Bonbononkel aus Unterrath,
er wohnte am Kaugummi-Automat,

Und war es am Spielplatz besonders toll,
stopft’ er sich beide Taschen voll.

Und kam auf Rollschuhn ein Junge daher,
rief er: Willst einen Gummibär?

Und kam ein Mädchen, er zwickt’ es am Po:
Na, Püppchen, willst einen Haribo?

So ging es an die zehn Jahre fast,
da kam der Onkel in den Knast.

Er ahnte es vorher, und als gute Tat
kaufte er den Kaugummi-Automat.

Und bald aus dem Mehrfamilienhaus
führten den Onkel sie hinaus.

Die Eltern riefen: Ab in den Knast!
Endlich haben sie ihn gefaßt.

Und die Kinder seufzten, das Herze schwer:
Wer gibt uns nun einen Gummibär?

So klagten die Kinder, das war nicht recht:
Sie kannten den alten Onkel schlecht.

Bei den Eltern freilich, da wird gespart:
Jeder Groschen geht für die Urlaubsfahrt.

So war der Onkel – schon vor der Haft –
voller Mißtraun gegen die Elternschaft.

Er wußte genau, was damals er tat,
als er kaufte den Kaugummi-Automat.

Er hat ihn nämlich so eingestellt,
daß er Kaugummis rausspuckt auch ohne Geld!

Und kommt auf Rollschuhn ein Junge daher,
knirscht das Zahnwerk: Willst einen Gummibär?

Und kommt ein Mädchen, knarrt es froh:
Na, Püppchen, willst einen Haribo?

So spendet noch immer der Automat
des Bonbononkels aus Unterrath.