mindmapping – ein Mythos ist zerstört

Es gibt viele Leute, die das Mindmappen nicht genug loben können; ich war immer skeptisch, weil es sich dabei um ein nicht „sauber“ gegliedertes, nicht methodisch reflektiertes Sammeln handelt: Von den vier S (suchen, sammeln, sortieren, schreiben) werden nur die beiden ersten und eventuell das vierte realisiert, das wichtige dritte aber nicht.

Nun gibt es eine Untersuchung, die meine Skepsis bestätigt: http://www.wissenschaft-online.de/artikel/1061261; auch in der SZ stand heute die gleiche Meldung. Besser als Mindmappen ist der Versuch, etwas systematisch gegliedert zu erfassen; wenn man sich über Gesichtspunkte des Erfassens Rechenschaft gibt, ist man in der Phase des Verstehens angelangt, wohin man mit dem Mindmappen als einem reproduzierenden Verfahren nicht unbedingt kommt.

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Respekt: Bereits am 23. Januar ist dieser Beitrag in http://wiki.zum.de/Mindmapping erwähnt! Das könnte mich dazu verführen, die drei dort genannten Anleitungen zum Mindmappen kritisch zu untersuchen – mal sehen.

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Ich habe den ersten im Mindmap-Wiki empfohlenen Link geöffnet und möchte im Hinblick auf den brainman-Kommentar zu der dort gebotenen Mm-Einführung in Mm-Form Stellung nehmen:

Mind Mapping: Ein Schnellkurs

1. Ideen als Stichworte: Hier wird „Mindmapping“ als Thema vorgegeben; aber das ist kein Thema, sondern eben nur ein Stichwort. Themen könnten sein:

– Wie geht Mindmapping?

– Einführung in die Technik des Mindmapping

– Mindmapping im Vergleich mit anderen Techniken des Gliederns u.ä.

Unklar ist bei der Verwendung von Stichwörtern, was gemeint ist, also z.B. „Farben“: Kann man oder soll man Farben verwenden? Was besagt ein Pfeil, „siehe“ oder „daraus folgt“? Ein Pfeil ist ja nicht definiert!

Gedanken werden in Sätzen entfaltet, nicht in Stichworten!

2. Unklarheit in der Gliederung: „Akzeptanzprobleme“ (= Es bestehen Akzeptanzprobleme.) stellen keine Kritik am Mindmapping dar, sondern ergeben sich vielleicht aus der Kritik.

3. Was unter „Vorteile“ steht, ist nicht alles typisch fürs Mm. Verschiedene Aspekte und schriftliche Fixierung gibt es auch in der normalen Gliederung. „Ideen aufschreiben“ gehört nicht zu „allgemeine Vorteile“; der Zusammenhang der beiden Stichwörter ist unklar.

4. Wenn eine hierarchische Gliederung gelingt (Ich behaupte: Sie ist in Form der Stichwort-Notierung tendenziell unsauber!), stellt sie nichts anderes als eine normale Gliederung dar; vgl. den Anfang meines Aufsatzes über den Aufsatzunterricht unter https://norberto68.wordpress.com/2011/02/13/aufsatzunterricht-gliedern-erklaren-bewerten-erortern-kl-8-10-im-g9/.

5. Fazit: Die Mindmap ist die Vorstufe einer richtigen Gliederung, kann diese aber nicht ersetzen. Die Stichworte unterhalb des Themas müssen als Sätze formuliert werden, damit man ihre Zugehörigkeit zum Thema prüfen und sie selber in der richtigen Reihenfolge anordnen kann. (24. Januar 2011)

Um dies zu belegen, lade ich eine Datei zum Thema „Zweifel“ hoch, die ich als Unterrichtsergebnis im Netz gefunden habe – und ich frage alle mindmap-Verteidiger: Was zum Teufel besagen die Striche, die das zentrale Wort „Zweifel“ mit anderen Wörtern verbinden? Dienen die Striche nicht bloß dazu, die Unfähigkeit, die den Strichen entprechenden Beziehungen zu benennen, zu verschleiern? [Datei: bedeutung_des_zweifels]

Ein anderes Beispiel für eine nichtssagende Mindmap: https://www.mindmeister.com/de/211366084/gegenstr-mungen-zum-naturalismus-sthetizismus-symbolismus-neoklassik-neoromtanik-impressionismus – hier sind Schlagworte (Stichworte) aufgelistet, aber was besagen sie? Nichts, es sind nur Stichworte. Ständen da Sätze, gäbe es wenigstens Aussagen.

4 thoughts on “mindmapping – ein Mythos ist zerstört

  1. Hallo, in der Untersuchung wurde nicht erklärt, ob die Probanden MM „RICHTIG“ erlernt hatten. Wenn dies nämlich der Fall ist, dann kann es zu keinen Erinnrungspannen kommen! Wenn hingegen geglaubt wird, es reicht, Striche, Kringel und Worte irgendwo hinzuschreiben, dann ist es klar: das Chaos bleibt.
    Also Vorsicht: richtig erlerntes und didaktisiertes MM ist methodisch reflektiert. Allerdings tummeln sich zu viele selbst erwählte Referenten, die MM verbreiten. Schande!

  2. Hallo,

    ich habe den kompletten Wortlaut des Spektrum-Artikels sowie den Artikel in der SZ leider nicht finden können. Über hilfreiche Hinweise zu den Details würde ich mich sehr freuen.

    Den Blog-Artikel selbst habe ich sehr anregend gefunden, vielen Dank.

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