Eine Parabel von der gerechten Beurteilung: „Die Schnellläufer“

Hans Chr. Andersen: Die Schnellläufer

Ein Preis war ausgesetzt, sogar zwei Preise, ein kleiner und ein großer, für die größte Schnelligkeit, aber nicht in einem einzigen Lauf, sondern über das ganze Jahr verteilt.

»Ich bekam den ersten Preis«, sprach der Hase; »Gerechtigkeit muss schließlich sein, wenn Verwandte und gute Freunde im Preisrichterkollegium sitzen; dass aber die Schnecke den zweiten Preis erhielt, finde ich fast beleidigend für mich!«

»Nein,« versicherte der Zaunpfahl, der Zeuge bei der Preisverteilung gewesen war, »man muss auch Fleiß und den guten Willen berücksichtigen; das sagten mehrere achtbare Preisrichter, und das habe ich wohl begriffen. Die Schnecke hat freilich ein halbes Jahr gebraucht, um über die Türschwelle zu gelangen; allein, sie hat sich einen Schaden zugezogen, hat sich das Schlüsselbein gebrochen bei der Eile, die es doch für sie war. Sie hat ganz und gar für ihren Lauf gelebt, und sie lief mit ihrem Hause auf dem Rücken! Das alles ist sehr charmant, und sie bekam deshalb auch den zweiten Preis.«

»Mich hätte man doch auch berücksichtigen können«, sagte die Schwalbe; »ich sollte meinen, dass niemand sich schneller als ich im Flug und Schwung gezeigt hat. Und wie weit bin ich herumgekommen, weit, weit, ganz weit!«

»Ja, das ist gerade Ihr Unglück«, sprach der Zaunpfahl, »Sie sind zu flatterhaft! Immer müssen Sie auf die Fahrt, sogar ins Ausland, wenn es hier zu frieren beginnt. Sie haben keine Vaterlandsliebe! Sie konnten deshalb nicht berücksichtigt werden.«

»Wenn ich nun aber den ganzen Winter hindurch in der Moorheide läge«, erwiderte die Schwalbe, »wenn ich also die ganze Zeit schliefe, würde ich dann in Betracht gezogen?«

»Bringen Sie eine Bescheinigung der alten Moorfrau, dass Sie die halbe Zeit im Vaterland verschlafen haben, dann sollen Sie berücksichtigt werden.«

»Ich hätte eigentlich den ersten Preis und nicht den zweiten verdient«, sprach die Schnecke. »Denn ich weiß genau, dass der Hase nur aus Feigheit gelaufen ist, weil er jedes Mal meinte, es sei Gefahr im Verzug. Ich hingegen habe mir Laufen zur Lebensaufgabe gemacht und bin im Dienst zum Krüppel geworden. Sollte überhaupt jemand den ersten Preis bekommen, dann wäre ich es. – Aber ich verstehe es nicht, mich vorzudrängen, so etwas verachte ich.«

»Ich kann mit Wort und Rede dafür geradestehen, dass jeder Preis – wenigstens mit meiner Stimme – unter dem Aspekt der Gerechtigkeit gegeben worden ist«, sprach der alte Grenzpfahl im Wald, der Mitglied des entscheidenden Richterkollegiums war. »Ich gehe stets systematisch, mit Überlegung und Berechnung vor. Siebenmal habe ich früher bereits die Ehre gehabt, bei der Preisvergabe dabei zu sein und mitzustimmen, aber erst dieses Mal habe ich mich durchsetzen können. Ich bin bei jeder Abstimmung von etwas Bestimmtem ausgegangen; ich bin beim ersten Preise von vorne im Alphabet, beim zweiten von hinten ausgegangen. Passen Sie nun gut auf, ich will Ihnen das genau erklären. Der achte Buchstaben von A aus ist H, da haben wir den Hasen, und deshalb erkannte ich dem Hasen den ersten Preis zu; der achte Buchstabe von hinten ist S, und deshalb erhielt die Schnecke den zweiten Preis. Das nächste Mal wird ein Tier mit I erster und eines mit R zweiter. Es muss bei allen Dingen Ordnung herrschen! Man muss für sein Urteil immer ein bestimmtes Kriterium haben.«

»Ich hätte freilich für mich selbst gestimmt, wenn ich nicht unter den Richtern gewesen wäre«, sagte der Maulesel, der gleichfalls Preisrichter war. »Man muss nicht allein die Schnelligkeit berücksichtigen, mit welcher man vorwärts kommt, sondern auch andere Eigenschaften, zum Beispiel wie viel jemand zu ziehen vermag. Doch das wollte ich dieses Mal nicht hervorheben, auch nicht die Klugheit des Hasen auf der Flucht, wenn er plötzlich einen Sprung seitwärts macht, um die Verfolger auf eine falsche Fährte zu leiten, damit sie nicht wissen, wo er steckt. Nein, es gibt noch etwas, worauf viel Gewicht liegt und das man nicht außer Acht lassen darf – ich meine das, was man das Schöne nennt. Auf das Schöne richtet sich hauptsächlich meine Aufmerksamkeit; ich schaute mir die schönen, wohlgeformten Ohren des Hasen an, es ist eine wahre Freude zu sehen, wie lang die sind. Mir kam es vor, als sähe ich mich selber in meiner Kindheit Tagen, und so stimmte ich für den Hasen!«

»Pst«, sagte die Fliege, »ich will keine Rede halten, ich will nur kurz etwas sagen, – will nur sagen, dass ich mehr als einen Hasen eingeholt habe. Letzthin zertrümmerte ich einem der jüngsten die Hinterläufe; ich saß auf der Lokomotive vorn am Bahnzug – das tue ich oft, man erlebt so am besten seine eigene Schnelligkeit. Ein junger Hase lief lange Zeit vor der Lokomotive her, er hatte keine Ahnung, dass ich zugegen war; endlich aber musste er ausweichen, aber da zerschmetterte die Lokomotive ihm die Hinterbeine, denn ich saß auf ihr. Der Hase blieb liegen, ich fuhr weiter. Das heißt doch wohl ihn besiegen! – Allein, ich brauche den Preis nicht.«

»Mir scheint freilich«, dachte die wilde Rose, aber sie sagte es nicht, denn es ist nun einmal nicht ihre Natur, sich auszusprechen, obwohl es gut gewesen wäre, wenn sie es getan hätte – »mir scheint freilich, dass der Sonnenstrahl den ersten Ehrenpreis und auch den zweiten hätte bekommen müssen. Der Sonnenstrahl fliegt im Nu den unermesslichen Weg von der Sonne zu uns herab und kommt mit einer Kraft an, dass die ganze Natur dabei erwacht. Er besitzt eine solche Schönheit, dass wir Rosen alle erröten und duften. Das hohe Gericht scheint dies gar nicht bemerkt zu haben! Wäre ich der Sonnenstrahl, dann bekäme jeder von ihnen einen Sonnenstich – allein, der würde sie nur toll machen, aber das werden sie ohnehin. Ich sage nichts!« dachte die wilde Rose. »Friede soll im Wald herrschen! Herrlich ist’s, zu blühen, zu duften und zu leben, in Sang und Sage fortzuleben. Der Sonnenstrahl überlebt uns doch alle!«

»Was ist der erste Preis?« fragte der Regenwurm, der die Zeit verschlafen hatte und nun erst hinzukam.

»Der besteht im freien Zutritt zu einem Kohlgarten«, antwortete der Maulesel; »ich habe diesen Preis vorgeschlagen. Der Hase musste und sollte ihn haben, und so nahm ich als vernünftig denkendes und handelndes Mitglied Rücksicht auf den Nutzen dessen, der ihn erhalten sollte; jetzt ist der Hase versorgt. Die Schnecke darf auf dem Zaun sitzen und sich an Moos und Sonnenschein erfreuen; sie ist ferner zu einem der ersten Preisrichter beim Schnelllaufen bestimmt worden – es ist sehr viel wert, Fachleute im Komitee zu haben. Ich muss sagen, ich erwarte viel von der Zukunft; wir haben schon einen recht guten Anfang gemacht!«

Als ehemaliger Lehrer interessiert mich eine Parabel über die gerechte Bewertung von Leistungen, die in Hans Christian Andersens Erzählung „Die Schnellläufer“ vorliegt. Darin wird ausgezeichnet, wer „die größte Schnelligkeit … über das ganze Jahr verteilt“ erbracht hat. Dieses Kriterium ist in sich unsinnig, denn die größte Schnelligkeit kann man nur in einem bestimmten Lauf erzielen; es ist aber so gefasst, damit auch die Schnecke zum Zuge kommen kann, die schließlich den zweiten Preis bekommt, während der schnelle Hase den ersten Preis davonträgt.

Im Gespräch verschiedener Teilnehmer wird die Preisverleihung diskutiert, wobei die Diskutanten sowohl sich selbst wie auch ihre Kriterien bloßstellen. Das Gespräch dreht sich i. W. um die Fragen,

  • warum der Hase den ersten Preis errungen hat,
  • warum die Schnecke den zweiten Preis bekommen hat,
  • warum die Schwalbe keinen Preis gewonnen hat;

die Rose schließlich lehnt den ganzen Wettbewerb ab.

Warum hat der Hase gewonnen? Nicht weil er schnell gelaufen ist, sondern weil er Verwandte und Freunde im Preisrichterkollegium hat (so der Hase), weil er beim Laufen Haken schlägt, weil er so schöne lange Ohren hat (so der Maulesel) und weil H wie Hase der achte Buchstabe im Alphabet ist (so der Grenzpfahl). Diese Argumente sind so lächerlich wie die Begründungen dafür, dass ausgerechnet der Schnecke (schon in sich ein Witz!) der zweite Preis zuerkannt worden ist.

Bleibt noch zu klären, warum die Schwalbe keinen Preis gewonnen hat, obwohl sie doch am schnellsten fliegt (so die Schwalbe). Das begründet der Zaunpfahl – ausgerechnet ein Zaunpfahl und ein Grenzpfahl als Preisrichter, die sich um keinen Zentimeter bewegen können! – ganz unsachlich damit, dass die Schwalbe auch ins Ausland fliegt, ergo keine Vaterlandsliebe habe, aber für einen Preis in Betracht käme, wenn sie den Winter in der Moorheide verschliefe, also sich durchaus nicht bewegte (paradox!); die „Vaterlandsliebe“ zählt eben mehr als die Leistung.

Über die Arroganz der Fliege braucht man kein Wort zu verlieren; die Überlegungen des Grenzpfahls und des Maulesels sprechen für die Willkür, nach der die Leistungen der verschiedenen Tiere bewertet werden. Der Clou steht am Schluss: Die Schnecke wird zum Preisrichter beim Schnelllaufen ernannt, weil man ja schließlich Fachleute im Komitee haben muss.

Die Rose beteiligt sich nicht am Streitgespräch, sondern weist in ihren stillen Überlegungen alle Begründungen der Diskutanten zurück: Sie verweist auf die Schnelligkeit des Lichtes und die Schönheit der Sonne, welche die Rosen zum Leben erweckt (wieder die egozentrische Sicht). Aber dann kommt ihr entscheidendes Argument, das die ganze Preisrichterei als sinnlos erklärt: „Herrlich ist’s, zu blühen, zu duften und zu leben…“ Und wenn man dabei rennt, ist es auch gut; es braucht aber nicht ausgezeichnet zu werden. Mir scheint, dass die Rose das ausspricht, was Andersen mit seiner Parabel „sagen“ will – wenn man denn fragt, was er wohl sagen will, und sich nicht einfach an der herrlichen Geschichte erfreut.

Wenn man, ohne die Rose zu hören, über eine gerechte Bewertung der schnellen Bewegung nachdenkt, muss man natürlich Schwalbe und Hase als mögliche Sieger berücksichtigen, während die Fliege und erst recht die Schnecke dafür nicht in Betracht kommen; denn es wird nach der der größten Schnelligkeit gefragt – das ist eine eindeutige Frage (allerdings ohne den Zusatz „über das ganze Jahr verteilt“).

Die Erzählung erinnert mich an einen Cartoon, der vor 50 Jahren unter progressiven Lehrern verbreitet war: Da standen, wenn ich mich recht erinnere, ein Pinguin, ein Affe, ein Elefant und noch ein Tier – sagen wir Hase oder Igel – vor einer Palme und bekamen den Auftrag (= die Aufgabe), den Baum hochzuklettern; klar ist, dass nur der Affe diese Aufgabe lösen kann. Mit dem Cartoon wurde dagegen polemisiert, dass in der Schule allen Schülern die gleichen Aufgaben gestellt werden, obwohl vermeintlich klar ist, dass manche sie gar nicht lösen können, also mit einer Benotung ihrer Leistung zu Unrecht bestraft werden. Nun kann man natürlich zweifeln, ob die Unterschiede zwischen Kindern angesichts der schulischen Aufgaben so groß sind wie die zwischen Affe und Pinguin beim Klettern; unbestritten ist, dass es Unterschiede in der Begabung gibt. Aber wenn man nicht alle nach dem Kriterium der Leistung beurteilt, sondern die Aspekte des Hasen, des Maulesels, des Grenz- und des Zaunpfahls beachtet, dann landet man wieder in der Ständegesellschaft, wo Geld und Beziehungen das Fortkommen bestimmt haben. Das Kriterium der Leistung ist ein explizit bürgerliches Kriterium, das den Vorteil der vornehmen Herkunft ausschaltet.

Wiederum eine andere Frage ist es, ob man schwächer oder einseitig begabte Kinder gezielt fördern kann und will – das ist unter anderem (aber nicht nur) eine Frage des Geldes, das der Staat oder die Kommune für die Schule locker machen. Unterschiedliche Begabung darf aber kein Grund sein, von einer Bewertung nach den gleichen Kriterien abzusehen; eher sollte man (vor allem die Eltern!) mit der Rose überlegen, worauf es im Leben letztlich ankommt. Ich halte es jedenfalls gesellschaftlich für höchst bedenklich, wenn man die Anforderungen an die Schüler permanent senkt, nur damit alle (auch die mit einem IQ unter 100) Abitur machen können, was seit Jahren ein schulpolitischer Trend ist und durch die zentralen Prüfungen mit ihren klein gehackten Aufgabenstellungen (und der entsprechenden Vorbereitung darauf) befördert wird.

Arbeitszeugnis: die Sprache des Bewertens

Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat wieder die Bedeutung der Formulierungen in Arbeitszeugnissen ins Bewusstsein gerufen: Eine Angestellte war mit ihrer Beurteilung durch den bisherigen Arbeitgeber nicht zufrieden; sie ist mit ihrer Klage in letzter Instanz gescheitert.

Beurteilungen (Bewertungen) in Arbeitszeugnissen sollen sowohl wohlwollend formuliert wie wahr sein – das ist eine letztlich unlösbare Aufgabe; weil die Aufgabe nicht lösbar ist, nehmen die Arbeitgeber zu Formulierungen Zuflucht, die schön („wohlwollend“) klingen, aber etwas anderes besagen. Wie das gemacht wird, kann man an folgenden Beispielen studieren:

http://arbeits-abc.de/formulierungen-im-arbeitszeugnis-und-ihre-bedeutung/ (Formulierungen zu den einzelnen Notenstufen)

https://www.mediaintown.de/fileadmin/user_upload/pdf_dokumente/MUSTER_Denkvermoegen_Urteilsvermoegen.pdf (schönes Beispiel für differenzierte sprachliche Bewertungen im Arbeitszeugnis)

http://www.arbeitszeugnisgenerator.de/ (Generator für Formulierungen zu einzelnen Notenstufen)

http://www.arbeitszeugnisse.de/arbeitszeugnis-formulierungen/geheimcode/beispiele-fuer-formulierungen/ (40 Formulierungen entschlüsselt)

http://www.stern.de/wirtschaft/job/arbeitszeugnis-was-hinter-den-formulierungen-wirklich-steckt-1656703.html (ab S. 2: Beispiele und Erläuterungen)

http://www.arbeitszeugnisse.de/arbeitszeugnis-formulierungen/geheimcode/formulierungen/ (die Verschlüsselungstechniken)

 

Solche Feinheiten der Bewertung sollten auch Schüler kennen; das Arbeitszeugnis ist etwas, das später für sie wichtig sein wird – wichtiger vermutlich als die politischen Reden, an denen man sonst eventuell die Sprache des Bewertens untersucht; wichtiger auch als die Sprache der Werbung, die nur Positives kennt und die man ohnehin leichter durchschaut.

Eine schöne produktive Übung: Positive Selbstdarstellung (etwa in Heiratsanzeigen) in ihrer negativen Wahrheit ausdrücken (umformulieren).

bewerten: aufwerten, abwerten (sprachliche Mittel)

Man kann die sprachlichen Mittel des Auf- oder Abwertens von der Frage nach Techniken und erst recht nach den Maßstäben des Bewertens unterscheiden:

1. Offene Wertung: Das ist schlecht/gut (wirksam/wirkungslos; hilfsbereit/egoistisch…). Die Unterscheidung enthält eine klare Wertung (wertende Denotation). – Unklar ist zum Beispiel „billig“: Was billig (also preisgünstig) ist, kann durchaus „billig“ sein!
* Offen wird auch durch Modalwörter bewertet: Willi hat leider (vs. zum Glück) die Prüfung nicht bestanden.
2. Vergleichen:
a) der direkte Vergleich zweier Dinge (Komparativ):
Der Porsche braucht deutlich mehr Benzin als ein Audi.
b) der indirekte Vergleich mit einer gedachten Norm:
Der Arzt hantierte wie ein Metzger [statt: wie ein Arzt] an dem verletzten Bein.
Hierhin gehören auch Diminutive: ein Revolutiönchen.
c) sich auf das Gegenteil beziehen, dabei den Kontrast betonen (das appelliert ans Gefühl!) oder abschwächen (Euphemismus):
Mein Opa ist gestern entschlafen (vs. leben – betont: abgekratzt).
* Euphemistisch ist auch die Negation des Gegenteils:
Er war nicht besonders höflich.
d) eine wertende Metapher gebrauchen: Prinz sucht Schlossfräulein.
* Hierhin gehören auch Tiervergleiche und -metaphern: Sie Schwein!
3. Wörter mit bestimmter Konnotation gebrauchen: Schatz vs. Macker.
(vgl. dazu Eichler/Bünting: Schulgrammatik, 1978, § 144)
4. Ausweichendes Verschweigen der Schwächen (oder der Stärken), vgl. die Wendungen in Arbeitszeugnissen (aus dem DS 1984 u.ä.): Er bemühte sich meistens, seine Aufgaben rechtzeitig zu erledigen.
5. Eine Schwäche als Stärke auslegen (und umgekehrt):
Frau, lieb, aber nicht harmlos… (Heiratsannonce)
* Hierhin gehören auch unsere Übungen, wie ich Eigenschaften bei mir anders bewerte als bei einem anderen (Ich bin kräftig gebaut / Er ist eine fette Sau). Hierhin gehört auch das ironische Zitat: Meine Eltern waren ‚gottlos‘.
6. Wahl einer bestimmten sprachlichen Stilebene (vgl. Eichler/Bünting, § 144 – ähnlich wie oben 3.)
Wie die Wahl der Stilebene wirkt, hängt davon ab, ob sie zur Situation passt, in der sie von jemand angewendet wird.
7. Eine angenehme Umgebung (menschliche Atmosphäre) schaffen und so ein Objekt aufwerten. – So wird in der Werbung operiert: Tennisass Steffi Graf gewinnt ein Spiel und steigt in den Opel. Ein Liebespaar am Strand trinkt Kaba oder was auch immer… – Umgekehrt macht ein rülpsender oder betrunkener General eine ganze Armee lächerlich.
8. Mit den Mitteln satirischer Darstellung kann man etwas kritisieren; s. dazu den Beitrag „Satiren schreiben (mit Beispielen)“.
9. Es gibt Mittel der Wortbildung, positiv oder negativ werten; bei den Adjektiven sind das z.B. die Präfixe „schein-, pseudo-, quasi-, semi-, halb-“ auf der einen und „ur-, erz-, super-, grund-“ usw. auf der anderen Seite (Duden-Grammatik, 6. Aufl., Nr. 968 f.).
Allgemein wird im Duden von der semantischen Modifikation gesprochen (bei Nomina, Nr. 894 ff.); für uns sind die sogenannten Augmentbildungen („Affen-, Höllen-, Riesen-, Ultra-“ usw.) und die Affirmativbildungen („Bomben-, Meister-, Muster-, Traum-“ usw.) von Bedeutung (Nr. 896).

** Wiederholung, Steigerung und Kontrast sind Stilmittel, etwas  eindringlich darzustellen und damit auch zu bewerten.